Steine und Flaschen gegen Polizisten, Schlagstöcke und Wasserwerfer gegen Demonstranten: Bei einer Kundgebung für den Erhalt des linken Kulturzentrums «Rote Flora» kam es in Hamburg zu den schwersten Krawallen seit Jahren.
Insgesamt wurden laut Polizeiangaben während der Ausschreitungen 117 Polizisten verletzt, 16 von ihnen hätten im Spital behandelt werden müssen. Es seien zudem 19 Menschen unter dem Verdacht des Landfriedensbruchs festgenommen worden. Ob es auf Seiten der Demonstranten Verletzte gab, war Polizei und Feuerwehr nicht bekannt.
2000 Polizisten im Einsatz
Nach Einschätzung der Polizei waren unter den 7300 Demonstranten rund 4700 aus dem linksextremistischen Spektrum – viele davon gewaltbereit. Die Polizei hatte mit Ausschreitungen gerechnet und war mit einem Grossaufgebot von mehr als 3100 Einsatzkräften aus mehreren Bundesländern im vor Ort.
Die Situation eskalierte schon kurz nach Beginn der Demonstration am Samstagnachmittag, als in unmittelbarer Nähe des besetzten Kulturzentrums Randalierer aus dem sogenannten Schwarzen Block Einsatzkräfte attackierten. Diese stoppten daraufhin den Demonstrationszug und setzten Wasserwerfer ein. Auch von einer Brücke seien Uniformierte mit Gegenständen beworfen worden, sagte eine Polizeisprecherin.
«Katz-und-Maus»-Spiel
Wegen der Krawalle löste die Polizei die Demonstration kurzfristig auf. «Es hat von Anfang an eine aggressive Grundstimmung geherrscht, wir sind massiv angegriffen worden», begründete Polizeisprecher Mirko Streiber den Schritt. «Das ist derart gewalttätig gewesen, das haben wir so lange nicht erlebt.» Ein Drogeriemarkt, in dem sich Kunden befunden hätten, sei mit Steinen attackiert worden, die Scheiben von Sparkassen seien eingeschlagen und Müllcontainer in Brand gesetzt worden.
Nach der Auflösung der Demonstration zogen die Randalierer in Gruppen in Richtung Reeperbahn weiter und lieferten sich ein «Katz-und-Maus»-Spiel mit der Polizei. Auch dort kam es zu Auseinandersetzungen, bei denen die Polizei Schlagstöcke und Pfefferspray einsetzte. Am Abend wurde die Reeperbahn gesperrt. Unter anderem wurden bei einem SPD-Büro die Scheiben zerbrochen, ein Polizeiauto wurde mit Steinen beworfen und ein anderes angezündet.
Auch Fernverkehr betroffen
Durch die Krawalle war auch der Nah- und Fernverkehr in Hamburg beeinträchtigt. Weil Demonstranten im Bereich des Schanzenviertels immer wieder auf die Gleise liefen, wurde eine S-Bahn-Strecke teilweise gesperrt. Fernzüge aus Hannover, Berlin, Bremen und Rostock endeten im Hamburger Hauptbahnhof und konnten nicht nach Altona weiterfahren. Fernzüge aus dem Norden wurden umgeleitet und endeten dafür in Harburg, erklärte die Bahn.
Der Protest richtete sich gegen eine Räumung des seit mehr als 20 Jahren besetzten Kulturzentrums «Rote Flora», wie sie der Eigentümer Klausmartin Kretschmer angedroht hat. Ausserdem ging es um das Bleiberecht für Flüchtlinge und die «Esso-Häuser» an der Reeperbahn. Die Häuser waren in der Nacht zum Sonntag wegen Einsturzgefahr evakuiert worden. Alle Bürgerschaftsfraktionen hatten in den vergangenen Tagen parteiübergreifend zu einem friedlichen Protest aufgerufen.