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Korruption nicht mehr strafbar Wird Rumänien zur Bananenrepublik Europas?

Dank einem Dekret der Regierung lösen sich 2000 Korruptionsprozesse in Luft auf. Auch jener gegen den Parteichef der Sozialdemokraten muss nicht weitergeführt werden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Korruption bis zu 50'000 Franken wurde über Nacht in Rumänien straffrei.
  • Dieses Eildekret hilft ganz konkret dem Parteichef der Sozialdemokraten, Liviu Dragnea, und seinem Parteifreund, Ex-Premierminister Victor Ponta. Die Prozesse gegen sie verlieren die Rechtsgrundlage.
  • Die EU-Kommission hat angesichts dieser Entwicklung bereits ihre Sorge geäussert.

Liviu Dragnea, der Parteichef der Sozialdemokraten und starke Mann hinter der Regierung, die noch nicht mal einen Monat an der Macht ist, interessierte sich vor der Wahl nicht für Korruption. Er wolle über Rumäniens Zukunft reden, nicht über solchen Unsinn wie Korruption, hatte er im Gespräch mit Radio SRF gesagt.

Ich will über Rumäniens Zukunft reden, nicht über solchen Bullshit
Autor: Liviu Dragnea Parteichef der Sozialdemokraten, vor der Wahl

Doch seine Regierung setzt sich nun aktiv dafür ein, dass Korruption in Rumänien eine grosse Zukunft hat. In der vergangenen Nacht entschied sie per Eildekret, dass Amtsmissbrauch keine Strafverfolgung mehr nach sich zieht, wenn der Schaden unter 50'000 Franken liegt. Soviel verdient ein Rumäne im Schnitt in zehn Jahren. Beamte und Politiker können neu gefahrlos probieren, sich diese Summe zu ergaunern.

Liviu Dragnea
Legende: Eilverordnung für Liviu Dragnea? Der Sozialdemokrat gilt als starker Mann hinter der sozialliberalen Regierung und steht unter Korruptionsverdacht. Keystone

Prozesse müssen eingestellt werden

Das Eildekret gilt rückwirkend. Parteichef Dragnea kann sich so zurücklehnen. Der gegen ihn vor zwei Tagen eröffnete Prozess wegen Amtsmissbrauchs wird hinfällig. Er hat seiner Frau Gehälter aus der Staatskasse von «nur» 25'000 Franken zugeschanzt. Auch sein Parteifreund und Ex-Premierminister Victor Ponta muss nicht mehr vor Gericht zu erscheinen.

Nicht nur Sozialdemokraten profitieren. Im ganzen Land laufen derzeit über 2'000 Prozesse wegen Amtsmissbrauchs. Viele müssen nun eingestellt werden. Der Kampf gegen die Korruption werde jetzt irrelevant, sagte die Leiterin der Antikorruptionsbehörde, die allein in den letzten drei Jahren 1200 Leute vor Gericht brachte und fast alle Prozesse gewann.

Entscheiden aus Eigeninteresse

Hunderttausende protestieren

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Demonstranten
Legende: Keystone

Bereits in den letzten Tagen war es im ganzen Land zu Protesten gegen das Dekret gekommen. Nach dessen Erlass gingen am Mittwoch dann in Dutzenden Städten mehr als eine viertel Million Rumänen auf die Strasse. Dabei forderten sie den Rücktritt der Regierung. Einige Menschen wurden bei Krawallen verletzt, 20 Randalierer festgenommen.

Das Vorgehen der Regierung erinnert an das in den Hauptstädten Ungarns, Polens und der USA. Man handelt sehr schnell, versteckt die eigenen Interessen mehr schlecht als recht, verunglimpft die Justiz als undemokratisch und hält sich selber, wenn überhaupt, nur dem Buchstaben nach an demokratische Regeln.

Die EU-Kommission erklärte, sie sei in grosser Sorge angesichts der rumänischen Entwicklungen. Doch diesen Sorgen werden kaum Taten folgen, in Rumänien so wenig wie in Polen oder Ungarn. Dennoch steht die rumänische Regierung vor einem schwierigeren Spiel als die Regierungen dieser beiden Länder.

In Rumänien funktioniert das oberste Gericht

Da sind zum einen die für Rumänien ungewöhnlich grossen, landesweiten Strassenproteste, die noch eine Weile anhalten könnten. Da ist ein beliebter Präsident, der versprochen hat, den Rechtsstaat zu verteidigen. Und da ist noch ein funktionierendes Verfassungsgericht, das dieses Eildekret für ungültig erklären könnte.

Die Regierung könnte also noch einmal zurückgepfiffen werden. Doch aufgeben wird sie nicht. Ihre Ziele sind jetzt klar und ihre Skrupellosigkeit bei der Wahl der Methoden auch. In Rumänien droht nicht nur das Ende des Kampfes gegen die Korruption, auch der Rechtsstaat könnte Schaden nehmen.

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