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Trotz Ausnahmezustand Lage in Neukaledonien ausser Kontrolle – Frankreich schickt Hilfe

  • Im französischen Überseegebiet Neukaledonien ist die Lage trotz ausgerufenem Ausnahmezustand nicht unter Kontrolle.
  • Noch immer werden neue Brände in Geschäften und Einkaufszentren gemeldet.
  • Im Grossraum der Hauptstadt Nouméa sind nach Angaben des Hochkommissariats rund 5000 Randalierer an den schweren Unruhen beteiligt.

Ausgebrannte Tankstellen, Geschäfte und Autos: Seit Anfang der Woche setzen Unabhängigkeits­befürworter Läden und Fahrzeuge in Brand. Es seien sogar Privathäuser attackiert worden, sagt ARD-Korrespondentin Julia Burotta. Die Menschen hätten Angst: «Einige bauen Barrikaden und stellen weisse Fahnen darauf», so Burotta.

Bekannte aus Neukaledonien berichteten der Korrespondentin, dass «brandschatzende Horden» unterwegs seien. Viele von ihnen – hauptsächlich Männer – stünden unter Drogen. «Es ist eine sehr kleine Gruppe, die für sehr viel Angst und Schrecken sorgt», so Burotta.

Paris hatte als Reaktion auf die Gewalt in der Inselgruppe im Südpazifik am Mittwoch für zunächst zwölf Tage den Ausnahmezustand verhängt.

In der darauffolgenden Nacht hat die Polizei gegen einzelne Unruhestifter Hausarrest verhängt. Auch die Onlineplattform Tiktok wurde verboten, weil sie sich offenbar darüber organisiert hätten, vermutet Burotta.

«Das Leben wird von nun an nie mehr dasselbe sein. Es wird viele Monate dauern, alles wieder aufzubauen, wenn das überhaupt möglich ist», zitierte der britische «Guardian» die Einwohnerin Lizzie Carboni aus Nouméa. «Vor ein paar Tagen gingen wir aus, sassen in Cafés und lachten zusammen, aber innerhalb weniger Stunden hat sich alles verändert.»

Vor vielen Geschäften bilden sich lange Schlangen, weil Lebensmittel rationiert werden, wie der Sender 1ère Nouvelle-Calédonie berichtete. Tankstellen gehe das Benzin aus.

Auslöser der Proteste

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Ausgebrannte Autos vor einem Renault-Autohaus.
Legende: Nouméa, 14.05.2024 AP Photo/Cedric Jacquot

Bei den Protesten von Befürwortern einer Unabhängigkeit geht es um eine geplante Verfassungsreform der Regierung in Paris, die tausenden französisch-stämmigen Bürgern, die seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen in Neukaledonien leben, das Wahlrecht einräumen würde. Sie würden somit mehr politischen Einfluss bekommen. Vor allem die Bevölkerungsgruppe der Kanaken – Neukaledoniens Ureinwohner – hofft schon lange auf einen eigenen Staat.

Das grösste Spital des Archipels teilte mit, derzeit vorwiegend Notfälle zu behandeln. Wegen Strassenblockaden hätten viele Erkrankte aber Probleme, die Klinik überhaupt zu erreichen. Der Flughafen La Tontoura blieb weiter geschlossen.

Fünf Menschen tot, davon zwei Polizisten

Offiziellen Angaben zufolge sind bei den Unruhen bislang fünf Menschen ums Leben gekommen, darunter zwei Polizisten. Ein Polizist starb nach Angaben von Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin durch «einen versehentlichen Schuss», wie der Sender France Info berichtete. Hunderte weitere Menschen wurden verletzt.

Seit Start der Ausschreitungen wurden 206 Menschen festgenommen, sagte Darmanin dem Sender France 2. «Die Ruhe wird wiederhergestellt.» Die Zahl der Polizisten und Gendarmen werde auf 2700 erhöht – von zuvor 1700 Einsatzkräften, sagte der Innenminister. Darunter seien auch einige Militärkräfte. «Es wird keine Armee in den Strassen Neukaledoniens geben», sagte er aber.

Kanaken verurteilen den Vandalismus

Inaat Ne Kanaky, der nationale Rat der Kanaken, Neukaledoniens Ureinwohner, verurteilte derweil «den ungerechtfertigten Vandalismus und die Gewalt mit Schusswaffengebrauch auf öffentlichen Strassen» und forderte die Festnahme der Verantwortlichen.

Frankreich wirft Aserbaidschan Einmischung in Neukaledonien vor

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Angesichts der Ausschreitungen in Neukaledonien hat Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin Aserbaidschan der Einmischung bezichtigt. Ein Teil der Separatisten habe eine Abmachung mit Aserbaidschan geschlossen, sagte Darmanin dem Sender France 2. Nach französischen Medienberichten ist es Paris ein Dorn im Auge, dass die Südkaukasusrepublik über eine vor knapp einem Jahr gegründete «Baku Initiative Group» sogenannten französischen Kolonialismus anprangert und Unabhängigkeitsbefürworter unter anderem in Neukaledonien unterstützt. 

Demonstranten in Neukaledonien hätten aserbaidschanische Flaggen gezeigt und Hemden mit Slogans der aserbaidschanischen Organisation getragen. Ausserdem sei eine kaledonische Lokalpolitikerin erst kürzlich nach Baku eingeladen worden und habe anschliessend erklärt, dass Aserbaidschan den Weg Neukaledoniens zur Unabhängigkeit unterstütze, berichteten der Sender France Info und das Magazin «L'Express». Grund für das Handeln Aserbaidschans ist demnach die Unterstützung Frankreichs für Armenien im Konflikt mit Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach. Baku wolle es Frankreich heimzahlen und Spannungen in Neukaledonien erzeugen.

Gleichzeitig bedauere der Rat, dass die französische Regierung die umstrittene Verfassungsreform angenommen habe, ohne den Widerstand der grossen Mehrheit der indigenen Bevölkerung zu berücksichtigen.

Neukaledonien: bis 1946 eine französische Kolonie

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Von 1853 bis 1946 war Neukaledonien französische Kolonie. Die Inselgruppe hatte durch das Abkommen von Nouméa 1998 bereits weitgehende Autonomie erlangt. Für Paris ist das Territorium vor allem geopolitisch, militärisch und wegen grosser Nickelvorkommen von Bedeutung. Derzeit versucht Paris, mit den politischen Kräften in Nouméa ein neues Abkommen zu schliessen.

SRF 4 News, 16.05.2024, 09:39 Uhr ; 

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