Eigentlich arbeitet Olivier Bousquet in den Büros von Google in Zürich. Doch wenn das Unternehmen in Amsterdam seine neusten Arbeiten im Bereich der künstlichen Intelligenz zeigt, darf der 42-jährige Franzose nicht fehlen. Denn Bousquet leitet Googles Forschung zur künstlichen Intelligenz in Europa.
«Was die Möglichkeiten dieser neuen Technologie angeht, kratzen wir erst an der Oberfläche», sagt Bousquet. Zwar hat die künstliche Intelligenz in den letzten 10 Jahren enorme Fortschritte gemacht – zum Beispiel was die automatische Bild- und Spracherkennung angeht. Doch von Hollywood-Szenarien, in denen sich die Intelligenz der Computer nicht mehr von der des Menschen unterscheidet, sind wir noch weit entfernt.
Nach vielen Fehlschlägen eine Lösung
«So gut die Technologie heute schon ist, gibt es doch viele Dinge, die sie noch nicht kann», weiss Olivier Bousquet. Zum Beispiel Lernen wie ein Mensch. Denn während wir nur wenig Beispiele brauchen, um ein neues Konzept zu verinnerlichen – wer einmal das Bild eines Hundes gesehen hat, wird in Zukunft auch andere Hunde erkennen – benötigt der Computer dazu Unmengen von Datenmaterial.
Um einem Algorithmus zur automatischen Bilderkennung beizubringen, was ein Hund ist, werden ihm abertausende von Bildern mit Hunden gezeigt. Durch Trial-and-Error lernt er Muster im Datenmaterial zu erkennen. Muster, die für das stehen, was einen Hund ausmacht. Mit menschlicher Intelligenz hat das wenig zu tun: «Im Grunde genommen ist diese Suche nach erkennbaren Mustern im Datenmaterial einfach ein statistischer Vorgang», stellt Bousquet fest.
Könnte sich daran etwas ändern? Könnten Computer bald wie der Mensch auch mit nur anhand von wenigen Beispielen etwas Neues lernen? «Dazu wäre ein Durchbruch nötig, den wir bis jetzt noch nicht sehen können», stellt der KI-Forscher fest. Für unmöglich hält er es aber nicht. Weil die Forschung auf dem Gebiet ständig zunimmt, sei es möglich, dass nach vielen Fehlschlägen auch einmal eine Lösung gefunden wird.
Vom Erkennen und Klassifizieren zum Malen und Komponieren
In bestimmten Bereichen sieht Olivier Bousquet schon heute viel Potenzial für den Einsatz von künstlicher Intelligenz: Bei der Gesundheitsvorsorge, dem Umweltschutz und anderen gesellschaftliche Problemen. Google-Forscher zeigten an der Konferenz in Amsterdam zum Beispiel Möglichkeiten der Technologie, dank denen das Risiko eines Herzinfarkts erstaunlich genau vorhergesagt werden kann.
Und in Zukunft werde künstliche Intelligenz nicht mehr nur dazu da sein, Dinge zu erkennen und automatisch zu klassifizieren, sondern könne auch selbst Neues erschaffen, freut sich Bousquet: «So kann der Computer von sich aus neue Musik entstehen lassen oder neue Bilder.»
An der Konferenz in Amsterdam gab Google schon einmal einen Vorgeschmack darauf: Das Projekt Magenta, welches das Zusammenspiel von künstlicher Intelligenz und Musik erforscht. Eine der daraus entstandenen Anwendungen zum Beispiel nimmt zwei bestehende Melodien und komponiert eigenständig den Übergang von der einen zur anderen. Das von der Maschine geschriebene Zwischenstück lässt sich nicht mehr von Menschenhand entstandener Musik unterscheiden.