Es gibt unzählige Leute, die nie einen Fuss in eine Seilbahn setzen würden. Zu gross ist ihre Angst vor dem Bodenlosen. Das Höhentrainingszentrum Schweizwerk in Zofingen bietet seit diesem Sommer nicht nur Sicherheitstrainings für Arbeiten am Seil, sondern neu auch ein Seminar gegen Seilbahnphobie an.
Die 49-jährige Mengia Suter ist in den Bergen aufgewachsen, hat aber trotzdem seit Jahrzehnten keine Seilbahnkabine mehr betreten. Sie ist als Vierjährige vom Heuboden gestürzt und ist ihre Höhenangst nie mehr losgeworden. Skilager wurden zur Tortur, Familienwanderungen später zur Belastung. Dass sie das Herzrasen und die weichen Knie nur schon beim Anblick einer Seilbahn je verlieren könnte, hat sie nicht geglaubt.
Vom Erfolg überrascht
Mengia Suter hat sich ihrer Angst gestellt und in Zofingen das eintägige Pilotseminar gegen Seilbahnphobie besucht und so ihre Angst besiegt. «Ich bin dankbar und froh, dass ich diesen Schritt gewagt habe und ich bin von der Wirkung überrascht, ja perplex», lacht Mengia Suter. Sie kann sich am Abend nach dem Seminartag ihr neues Glück kaum erklären.
Und sogar für den Initianten des Kurses, Schweizwerk-Geschäftsführer Markus Hobi, ist die «Verwandlung» von Mengia Suter erstaunlich.
«Höhenangst kann plötzlich auftauchen»
Kursleiterin Judith Wirth ist hingegen weniger überrascht, dass gleich alle vier Kursbesucher ihre Höhenangst überwinden konnten. Gemäss Wirth ist Höhenangst, die oft auch mit Platzangst verbunden sei, eigentlich ein «Energieproblem». Sie könne auch im Erwachsenenalter plötzlich auftauchen und Menschen vollständig blockieren.
Judith Wirth ist Mentalcoach und versucht beim Höhenangst-Seminar in Zofingen, den bei ihren Kursteilnehmern unterbrochenen Energiefluss mit fernöstlichen Methoden wieder «freizuklopfen».
Gleichzeitig wird das beklemmende Angstgefühl auch mit der Vermittlung von Wissen und Fakten bekämpft, das Vertrauen in sich und das System Seilbahn (und Rettungsdienst) gestärkt.
In kleinen Gruppen grosse Schritte machen
Wirth arbeitet in Zofingen bewusst mit Kleingruppen, um eine nahe und intensive Betreuung zu gewährleisten. Schritt um Schritt wurde auch Mengia Suter an ihr langjähriges Problem herangeführt. Mit verschiedenen mentalen Übungen hat Wirth mit Erfolg versucht, die negativen Erinnerungen mit positiven Gefühlen zu überschreiben.
Ihr Fazit: «Am Abend des Pilotkurses waren alle vier Seminarteilnehmer müde, aber glücklich». Gemeinsam haben sie der Angst ein Schnippchen geschlagen und sind, wenn auch langsam, ohne schweissige Hände eine Gerüst-Treppe hochgestiegen.