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Homeoffice-Pflicht Muss die Firma nun die Auslagen fürs Arbeiten daheim zahlen?

Die Covid-19-Verordnung lässt diesen Punkt diesmal offen. Das sorgt für Diskussionen.

Als vor gut einem Jahr letztmals eine Homeoffice-Pflicht galt, hielt der Bund klar fest, dass die Arbeitgeber nicht verpflichtet seien, die Heimarbeitskosten zu tragen. Diese Klausel ist in der aktuellen Covid-19-Verordnung, die seit dem 20. Dezember in Kraft ist, verschwunden.

Seco: «Keine Pflicht»

Was heisst das nun? Beim Bund ist das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) für das Thema zuständig. Das Seco bestätigt dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso», dass diese Ausschlussklausel aus dem Artikel 25 der Verordnung verschwunden sei. Aber: «Daraus lässt sich nicht ableiten, dass diese Kosten automatisch vom Arbeitgeber zu tragen sind.»

Angestellte können die Kosten zurückverlangen.
Autor: Luca Cirigliano Schweizerischen Gewerkschaftsbund

Beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund interpretiert man das anders – zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Sie könnten nun grundsätzlich alle Spesen und Auslagen vom Arbeitgeber zurückverlangen, die zuhause für die Arbeit anfallen, sagt Luca Cirigliano, Zentralsekretär des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) und Spezialist für Arbeitsrecht.

Das heisst: Das Druckerpapier bezahlen, zum Beispiel, Laptop und Software zur Verfügung stellen oder einen Anteil an den zusätzlich anfallenden Stromkosten übernehmen.

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Das Arbeitsrecht anwenden

Denn: Mit dem Wegfall der ominösen Klausel gelte nun einfach das Arbeitsrecht – und dabei vor allem das Obligationenrecht und das Arbeitsgesetz. Ersteres enthalte zwar keine eindeutigen Bestimmungen über die Abgeltung von Homeoffice-Auslagen, so Cirigliano. Er leitet aber daraus ab, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in Zeiten der Homeoffice-Pflicht grundsätzlich für die Kosten aufkommen müssen, sofern nötig und verhältnismässig.

Das Arbeitsgesetz verlangt unter anderem den Gesundheitsschutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es sei zwingend, auch ausserhalb der Homeoffice-Pflicht, sagt der Gewerkschafts-Jurist. Konkret heisst das, der oder die Vorgesetzte müsse stets dafür sorgen, dass ein Angestellter – bei Bedarf und wo es Sinn mache – auch zuhause auf einem ergonomischen Stuhl sitzen kann oder einen genügend grossen Bildschirm zur Verfügung hat, zum Beispiel.

AGV: «Keine Pflicht zur Kostenübernahme»

Etwas anders tönt es, wenn man den Schweizerischen Arbeitgeberverband (AGV) auf das Thema anspricht. Die Arbeitgeber hätten diese Homeoffice-Pflicht ja nicht angeordnet, sondern der Bund. «Deshalb sind wir nicht dazu verpflichtet, diese Kosten zu übernehmen», erklärt Daniella Lützelschwab, beim AGV für Arbeitsrecht und Arbeitsmarkt verantwortlich.

Die bisherigen Erfahrungen mit dem Homeoffice in Zeiten der Pandemie hätten aber gezeigt, dass man auch ohne eine solche Pflicht mit den Angestellten gute, individuelle Lösungen für die Heimarbeit finde. Der eine habe schon einen guten Laptop zuhause, zum Beispiel, der andere könne das Gerät aus dem Büro mitnehmen, so Lützelschwab.

Zuerst das Gespräch suchen

In diesem Punkt sind sich Gewerkschaften und der Arbeitgeberverband einig: Bevor man einfach Rechnungen für Auslagen im Homeoffice verschickt, lohnt es sich in jedem Fall, zuerst mit den Vorgesetzten zu reden. Denn es liegt ja schliesslich im beidseitigen Interesse, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch zuhause ein optimales Arbeitsumfeld haben.

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Espresso, 24.12.21, 08:13

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