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Mirrorless Cameras Spiegellose Kameras: Warum weniger mehr ist

Auch die grossen Anbieter Nikon und Canon setzen nun auf Kameras ohne Spiegel.

Heute beginnt in Köln die Photokina , die weltweit grösste Fachmesse für die Fotoindustrie. Nikon und Canon stellten schon im Vorfeld Vollformat-Kameramodelle für den Highend-Markt vor, die ohne Spiegel auskommen. Während andere Hersteller wie etwa Sony, Fujifilm, Panasonic oder Olympus schon seit mehreren Jahren ähnliche Geräte anbieten, sind es für die beiden Riesen im Kleinbildmarkt die ersten High End Modelle.

Sogenannte «Mirrorless Cameras» haben viele Vorteile:

  • Der Spiegel-Mechanismus fällt weg. Die Kameras sind deshalb kompakter und leichter.
  • Ohne Spiegel rückt das Objektiv viel näher an den Sensor. Qualitativ hochwertige Objektive sind deshalb einfacher und günstiger herzustellen.
  • Ein Display ersetzt den Spiegel. Bereits im Sucher sieht man das Bild exakt so, wie es nach dem Auslösen aufgezeichnet wird.

Gerade für unerfahrene Fotografen böten die neuen Kameras grosse Vorteile, sagt Christian Reding, Produkt Manager und Trainer bei Nikon. Da der optische Sucher durch einen hochwertigen Bildschirm ersetzt wurde, sieht man schon vor dem Abdrücken, ob etwa Belichtung und Farbgebung stimmen und kann beides vor dem Auslösen entsprechend korrigieren.

Es geht noch besser: Man kann den Sucher auch auf schwarz-weiss umstellen. Auch das ist eine grosse Hilfe, denn bei Schwarz-Weiss-Bildern bestimmt die Struktur den Bildaufbau während bei Farbaufnahmen tendenziell die Farben bei der Gestaltung dominieren.

Die Kehrseite der Medaille

Die neuen Kamerasysteme haben auch Nachteile: Sie verbrauchen mehr Strom und der Autofokus sei bei Sujets, die sich schnell und unvorhersehbar bewegen, noch nicht so gut wie bei den älteren Kameras, sagt Marco Gottschalk, verantwortlich bei Canon für das Marketing.

Ein weiterer ein Nachteil ist die Tatsache, dass die alten Objektive nicht mehr auf die neuen Kameras passen. Damit man die alten Linsen auch weiterhin benutzen kann, bieten beide Hersteller verschiedene Adapter an – ohne dass es dabei zu einer Qualitätseinbusse komme, betont Marco Gottschalk.

So funktioniert die Spiegelreflex-Kamera

Box aufklappen Box zuklappen
Querschnitt durch einem digitale Spiegelreflexkamera
Legende: Collage SRF

Der Spiegel in der Kamera hat eine lange Tradition: Die ersten Geräte wurden schon im 19. Jahrhundert gebaut, damals noch mit unbeweglichem Spiegel und zwei Linsen.

In den 30er Jahren kamen die ersten einäugigen Kameras auf den Markt. Der Sucher ist über einen Spiegel mit dem Objektiv verbunden. Betätigt man den Auslöser, so klappt er hoch und lässt das Licht durch den Verschluss auf den Film, später auf den digitalen Sensor.

Bei Spiegelreflexkameras mit Autofokus ist hinter dem ersten, halbtransparenten Spiegel (1) noch ein zweiter Spiegel eingebaut, der einen Teil des Lichtes auf einen speziellen Sensor für die Steuerung des Autofokus umleitet. Betätigt man den Auslöser, so klappen beide Spiegel für den Bruchteil einer Sekunde weg, der Verschluss geht auf und lässt Lichtstrahlen auf Film oder Sensor fallen. Der Verschluss geht wieder zu und die beiden Spiegel schwingen zurück in die Ausgangsposition – eine mechanische Meisterleistung.

Bruch mit einer langen Tradition

Die Umstellung auf spiegellose Kameras ist ein einschneidender Schritt für die beiden japanischen Hersteller: Bei Canon blieb der Objektivanschluss seit rund 40 Jahren unangetastet, bei Nikon sind es sogar 60 Jahre.

Die beiden Firmen kommen jetzt nicht darum herum, neue Objektiv-Paletten zu entwickeln. Das dürfte einer der Gründe sein, warum die Marktführer so lange mit der Umstellung auf das neue System gewartet haben: Für Fotografinnen sind Objektive eine kostspielige Investition, die sie über möglichst lange Zeit amortisieren möchten. Jetzt müssen sie wohl oder übel wieder neu investieren. Da könnten manche Kunden auf die Idee kommen, zur Konkurrenz zu wechseln.

Doch auch bei den Objektiven hat das neue System wegen der kompakten Bauweise Vorteile: Weil die Distanz zum Sensor kürzer ist, sind sie lichtstärker und weil die Lichtstrahlen gerade auftreffen, bleibt die Bildqualität bis an die Ränder erhalten. Bei Spiegelreflexkameras musste dafür ein Zusatzaufwand betrieben werden.

Mechanik noch nicht ganz verdrängt

Zwar hat die Digitalisierung den mechanischen Spiegel überflüssig gemacht. Doch auch in den allerneusten spiegellosen Kameras findet man immer noch komplexe Mechanik: Beim Verschluss. Zurzeit gibt es nämlich noch keine erschwinglichen Bildsensoren, die ausschliesslich digital arbeiten. Und das dürfte noch eine ganze Weile so bleiben. Darin sind sich die Vertreter von Nikon und Canon einig.

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