Man kann es als dreist bezeichnen, wie der Onlinehändler Onlyshop.ch mit seinen Kunden umgeht: Grafikkarten wurden zu attraktiven Preisen angeboten und gegen Vorkasse verkauft, aber nicht geliefert. Mehre Fälle liegen der Redaktion von «Kassensturz» und «Espresso» vor.
Jüngstes Beispiel: Ein Informatiklehrling bestellte im Dezember 2020 eine Grafikkarte zum Preis von gut 780 Franken. Seither wartet der 19-Jährige auf seine Bestellung. Erst nach unzähligen Mailanfragen willigt der Kundendienst ein, dass der Lehrling die Bestellung stornieren könne – gegen eine Gebühr von 50 Franken. «Das ist unmoralisch, ich finde das nicht ok», sagt der Lehrling zum SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Schliesslich warte er seit über einem Jahr auf die Karte.
Das ist unmoralisch, ich finde das nicht ok.
Erst auf Nachfrage von «Espresso» lenkt Onlyshop.ch ein: «Da diese Karte leider nach wie vor nicht lieferbar zu sein scheint (sonst hätte er sie ja schon bekommen), kann er gerne die Bestellung gebührenfrei stornieren. Ein besseres Angebot können wir ihm leider nicht machen.»
Allerdings: Ob der Lehrling sein Geld wirklich vollumfänglich zurückbekommt, ist fraglich. Ein anderer Hörer, der sich beim Konsumentenmagazin gemeldet hat, wartet seit November 2021 auf die Rückerstattung seines Geldes.
Steht Onlyshop.ch das Wasser bis zum Hals?
Gemäss der schriftlichen Stellungnahme von Onlyshop.ch, kämpfen die Verantwortlichen mit erheblichen Problemen. Die Muttergesellschaft Ixo24 schreibt, der ehemalige Geschäftsführer habe im Rahmen seiner Tätigkeit diverse Fehler zugelassen. «Der ehemalige Geschäftsführer musste denn auch entlassen werden.» Auf Rückfrage von «Espresso» heisst es, die Entlassung stehe im Zusammenhang mit einer vernachlässigten Sorgfaltspflicht, die zur problematischen Geschäftssituation geführt habe.
Der ehemalige Geschäftsführer musste denn auch entlassen werden.
Alles deutet darauf hin, dass Onlyshop.ch und dessen Muttergesellschaft in finanzielle Schieflage geraten sind. So wollen die Verantwortlichen nicht versprechen, dass alle betroffenen Kundinnen und Kunden ihr Geld zurückerhalten. Man versuche seit über acht Monaten, die Situation in den Griff zu bekommen.
«Bei zahlreichen Kundinnen und Kunden haben wir das zum Glück bereits erreicht. Ob und wie wir das erfolgreich abschliessen können, hängt jetzt sehr stark von unserer Liquidität und dem Umsatz in den nächsten Monaten ab.» Man versuche aber weiterhin, zufriedenstellende Lösungen zu finden.
SRF-Digitalexperte: «Keine Grafikkarte bestellen!»
Dass bei Grafikkarten massive Lieferengpässe bestehen, ist seit längerer Zeit bekannt. Die Preise sind explodiert und wegen der weltweiten Knappheit von Chips übersteigt die Nachfrage nach Grafikkarten das Angebot deutlich. SRF-Digitalexperte Guido Berger empfiehlt deshalb, im Moment auf den Kauf einer Grafikkarte zu verzichten. Bei vielen Produkten sei der Lieferzeitpunkt ungewiss und die Preise viel zu hoch. «Kauft man nun eine Grafikkarte zu einem stark überhöhten Preis, kurbelt man diese Entwicklung noch weiter an», so Berger.