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«Die Zahl der Wölfe nimmt zu»
Aus SRF 4 News aktuell vom 21.02.2017.
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Wolf in der Schweiz «Problem-Wölfe müssen abgeschossen werden können»

Oberjäger Reinhard Schnidrig will mehr Spielraum. Doch gegen die illegale Wilderei wendet er sich entschieden.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Immer wieder kommt es zu illegalen Wolf-Abschüssen, erst am Wochenende wurde im Wallis eine tote Wölfin gefunden.
  • Der oberste Jagdinspektor des Bundes, Reinhard Schnidrig, verlangt, diese illegale Wilderei juristisch streng zu verfolgen.
  • Laut Schnidrig braucht es aber auch die Möglichkeit, Problem-Wölfe legal abschiessen zu können.
  • Dies sei umso nötiger, weil vermehrt Wölfe auch im Mittelland gesichtet werden.

SRF News: Was bedeutet es, wenn der Wolf nun auch im Schweizer Mittelland angekommen ist?

Reinhard Schnidrig

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Der Walliser Reinhard Schnidrig ist seit oberster Jagdinspektor im Bundesamt für Umwelt. Der Wildtier-Biologe setzt sich für ein Nebeneinander von Wildtieren wie Wolf, Luchs und Bär mit dem Menschen ein.

Reinhard Schnidrig: Es ist sicher, dass die Tiere bald vermehrt durchs Mittelland ziehen werden. Allerdings werden sich dort kaum ganze Rudel Wölfe festsetzen. Dabei wird die Mittelland-Bevölkerung wohl etwas gelassener mit den Wölfen umgehen, als jene in den Alpen. Allerdings wird es – wie in den Alpen und im Jura – einen gewissen Handlungsspielraum brauchen, damit einzelne problemschaffende Wölfe abgeschossen werden können.

Der Wolf ist unbestritten eine Bedrohung für Nutztiere wie Schafe. Ist er auch eine Bedrohung für den Menschen?

Nein. Fakt ist aber, dass der Wolf ein sehr lernfähiges und anpassungsfähiges Tier ist. Er merkt sehr schnell, wie er einfach an Nahrung kommt – beispielsweise, indem er nicht behütete Schafe reisst. Der Wolf lernt also, dass in der Nähe von menschlichen Siedlungen Futter zu finden ist. Im Zuge dieser Entwicklung wird das Tier immer mehr mit der menschlichen Nähe vertraut. Genau das wollen wir aber nicht: Der Wolf muss ein wildes Tier bleiben. Er soll am Berg und im Wald bleiben, und nicht bei Siedlungen auftauchen.

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Wolf mitten in Bulle
Aus Schweiz aktuell vom 10.02.2017.
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Ist ein Nebeneinander von Wolf und Mensch im Mittelland möglich?

Seitens des Wolfes sicher – er kann sehr gut mit der Kulturlandschaft umgehen. Aus Sicht des Menschen kommt es darauf an, ob dieser bereit ist, den Wolf hier zu akzeptieren. Wenn wir eine gewisse Gelassenheit mit den Wölfen haben, ist ein Nebeneinander sicher möglich. Dabei ist klar, dass wir nicht jeden Wolf schützen können, doch das ist auch nicht nötig.

Der Wolf muss ein wildes Tier bleiben. Er soll nicht bei Siedlungen auftauchen.

Wir wollen den Wolf als Bestand in der Schweiz, und vor allem dort, wo er das ganze Jahr über dank Wildbeute überleben kann. Er soll sich nicht an Haustieren vergreifen. Dafür braucht es eine behördliche Steuerung und Eingriffe wie Abschüsse. Wichtig ist auch ein guter Herdenschutz: Dieser ist der Schlüssel zum erfolgreichen Zusammenleben von Wolf und Mensch.

Ein Wolf.
Legende: Einer der Wölfe aus dem Oberwalliser Rudel. Keystone

Die von Ihnen erwähnte Gelassenheit ist nicht überall vorhanden: Immer wieder kommt es zu illegalen Abschüssen von Wölfen. Ist der Wolfbestand in der Schweiz deshalb inzwischen gefährdet?

Nein, im Gegenteil: Die Anzahl Wölfe nimmt zu, derzeit gibt es in der Schweiz 40 bis 50 Wölfe. Wir wissen von drei Rudeln, in denen sich die Wölfe reproduzieren. Mehr Wölfe heisst aber, dass die Tiere eher sichtbar werden. Eine Folge davon ist die illegale Wilderei, die von den Strafbehörden jedoch glücklicherweise streng geahndet wird.

Ein guter Herdenschutz ist der Schlüssel zum erfolgreichen Zusammenleben von Wolf und Mensch.

Klar ist, dass die Ablehnung des Wolfes in gewissen Kreisen gross ist. Hier sind Lösungen gefragt – und die beste erscheint uns im Herdenschutz. Dabei müssen alle mithelfen.

Grosse Kritik am Konzept des Herdenschutzes kommt aus dem Wallis...

Das ist schade. Wir versuchen, den Betroffen seit vielen Jahren zu helfen. Es gibt ein Beratungssystem für Bauern und Schäfer, der Bund unterstützt die Finanzierung des Herdenschutzes. Doch dort, wo der Wolf abgelehnt wird, interpretiert man den Herdenschutz fälschlicherweise als «Ja zum Wolf» – dabei ist er ein «Ja zum Schaf». Verantwortlich für die schlechte Stimmung unter den Schafzüchtern in gewissen Regionen sind Personen, die politisch eine Hetzstimmung gegen den Wolf forcieren. Dabei kommt dieser auf ganz natürliche Weise zurück in unser Land.

Derzeit ist der Wolf streng geschützt. Doch es gibt Bestrebungen, ihn nur noch als «geschützt» zu taxieren oder den Abschuss gleich ganz freizugeben. Wie will der Bund die verschiedenen Bedürfnisse unter einen Hut bringen?

Kein taugliches Konzept ist es, den Wolf ganz zum Abschuss freizugeben. Denn dann müssten die Kantone die ganze Verantwortung übernehmen, auch was die Finanzierung der Schäden und des Herdenschutzes anginge. Die Schweiz unterstützt allerdings seit Jahren die Forderung, dass man den Wolf international von «streng geschützt» auf «geschützt» herunterstuft. Dies wurde in Strassburg im Rahmen der Beratungen zur Berner Konvention 2006 leider abgelehnt. Die Idee ist, dass Bundesrat und Parlament jetzt erneut einen Vorstoss in Strassburg wagen und die Rückstufung des Wolfes auf «geschützt» noch einmal vorschlagen. Dies gäbe den Ländern und in der Schweiz den Kantonen mehr Handlungsspielraum.

Das Gespräch führte Rafael von Matt.

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