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Busse wegen unautorisiertem Foto auf der Homepage
Aus Espresso vom 13.04.2021. Bild: Keystone
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Revidiertes Urheberrecht Abmahnung der Bildagentur: Bobfahrerin soll 600 Franken zahlen

Weil sie vor 14 Jahren ein kleines Reuters-Bild auf ihre Homepage gestellt hat, wird eine Bobfahrerin zur Kasse gebeten.

Sabina Hafner war über zehn Jahre lang als Bobsportlerin und Skeletonpilotin aktiv und erfolgreich. Um ihre Fans zu einem Besuch an der Weltmeisterschaft im Februar 2007 in St. Moritz zu animieren, platzierte sie zuvor auf ihrer Homepage eine virtuelle Einladung. Darauf ein etwa drei mal sechs Zentimeter kleines Foto, das sie in einem Zweierbob in voller Fahrt zeigt. Gemacht wurde das Foto 2006 an den Schweizermeisterschaften von einem Fotografen der renommierten Nachrichtenagentur Reuters.

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Recht am eigenen Bild: Ohne Erlaubnis kann es Probleme geben
aus Espresso vom 21.04.2021. Bild: imago
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Über 14 Jahre später: Bild sofort löschen

Mit den Jahren verschwand die Einladung samt Foto in den virtuellen Tiefen der Website. Im März 2021 erhält Sabina Hafner dann ein beunruhigendes Schreiben der Firma «PicRights». Es bestehe ein «Verdacht auf Nutzung des Bildes / der Bilder von Reuters News & Media Inc. ohne Lizenz». Falls sie tatsächlich keine Lizenz habe, seien die Aufnahmen umgehend zu löschen und überdies sei ein Betrag von 585 Franken zu bezahlen.

Ein Bob fährt über die Eisbahn in St. Moritz
Legende: So ähnlich sah das beanstandete Bild aus: selber Bob, selbe Kurve, selbe Bahn, anderer Wettkampf (Schweizermeisterschaft 2006 in St. Moritz). Dieses Bild stammt aus dem Privatarchiv von Sabina Hafner, ein Kollege hat es aufgenommen. zvg

Warum so viel und erst jetzt?

Die ehemalige Spitzenathletin prüft zuerst, ob es sich bei der Nachricht nicht etwa um Spam oder einen Phishing-Versuch handelt. Sie stellt aber fest: Das Schreiben ist echt. «Ich habe das Bild sofort gelöscht und vorsichtshalber gleich noch alle anderen Bilder, bei denen ich nicht hundertprozentig sicher war, dass sie von mir sind», erzählt sie im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».

Abmahnung – was tun?

Box aufklappen Box zuklappen

Wer eine Abmahnung samt Geldforderung von einer Bildagentur erhalte, der lösche das betreffende Bild am besten und reagiere nicht weiter, empfiehlt Urheberrechts-Experte Simon Schlauri. «Die Erfahrung ist die, dass man danach in der Regel Ruhe hat.» Ist das nicht der Fall, sei es das gute Recht der Abgemahnten eine genaue Begründung für die geforderte Geldsumme zu verlangen. Oft sei die Forderung nämlich pauschal formuliert und überhöht. So auch im Fall der Bobfahrerin. Dann komme die Gegenseite unter Zugzwang. Um gar nicht erst in eine solche Situation zu kommen, rät Schlauri, sich vor der Verwendung fremder Bilder zu informieren, ob sie geschützt sind oder nicht. Dabei lohnt es sich, auf die Lizenzen der gemeinnützigen Organisation «Creative Commons» zu achten. Infos zur Verwendung von Agenturbildern und zu den entsprechenden Tarifen erhält man unter anderem bei der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Bildagenturen.

Es sei ihr bewusst, dass es leichtsinnig gewesen sei, ein Bild eines Profi-Fotografen ohne Genehmigung auf ihre Seite zu stellen, und sie wolle Reuters auch keine Vorwürfe machen für die Durchsetzung des Urheberrechts. Trotzdem fragt sie sich, warum die Abmahnung erst nach so vielen Jahren kommt. Auch die rund 600 Franken scheinen ihr eine überrissene Forderung zu sein.

Agentur zieht Forderung zurück

«Espresso» fragt bei Reuters an – und erhält nur indirekt eine Antwort. Die Agentur meldet sich nämlich per Mail bei Sabina Hafner und nimmt «Espresso» ins CC. Reuters führt aus, dass man die Firma «PicRights» damit beauftragt habe, das Netz nach solchen unautorisiert verwendeten Fotos abzusuchen. Man habe aber ihren Fall nochmals geprüft und werde die Forderung aus Kulanz zurückziehen.

«Espresso» hakt nach, erhält aber keine weiteren Antworten. Auch die bekannte Schweizer Fotoagentur Keystone-SDA, die ebenfalls solche Abmahnungen verschickt, gibt keine Antwort auf die von «Espresso» gestellten Fragen.

Auch Schnappschüsse sind jetzt geschützt

Auskunftsfreudiger ist der Anwalt und Urheberrechts-Spezialist Simon Schlauri. Er rechnet damit, dass die Zahl solcher Abmahnungen steigen wird. Dies wegen einer Änderung im Urheberrecht, die seit April 2020 gilt. Bis zu jenem Zeitpunkt waren im Internet nur jene Fotos, Texte und andere kreative Inhalte geschützt, die einen «individuellen Charakter» aufwiesen. Bei Fotos bedeutete das, es musste mehr sein als ein blosser Schnappschuss. Solche Bilder durfte man nur mit einer Genehmigung und allenfalls auch nur gegen ein Entgelt verwenden.

Dieses Individualitäts-Kriterium sei nun im Zuge der Urheberrechts-Revision aufgeweicht worden, sagt Schlauri. Das habe den Nachteil, dass nun unter anderem auch Schnappschüsse, die bislang legal verwendet werden durften, geschützt seien. Die Software, um sie aufzuspüren, sei besser geworden. Gewisse Anwaltskanzleien in Deutschland und vermehrt auch in der Schweiz und auch Firmen wie «PicRights» haben das zu ihrem Geschäft gemacht.

Nachtrag, 13.4.21, 11 Uhr:

Rückwirkend abmahnen geht nicht

Aber: Einstmals nicht geschützte Bilder, die vor der Gesetzesrevision verwendet wurden, dürfen weiterverwendet werden. So sieht es das Gesetz in einer Übergangsbestimmung vor. Die Bobfahrerin hätte demnach theoretisch das Bild auch auf ihrer Seite lassen können. Hätte sie es aber nach Inkrafttreten des revidierten Urheberrechts, also nach dem 1. April 2020, auf ihre Homepage gestellt, wäre es illegal gewesen.

Espresso

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