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Wettstreit der Zoos in Berlin
Aus SRF 4 News aktuell vom 22.02.2017. Bild: Imago/Archiv
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Der Zoo der Anderen Tierisches Wettrüsten im geteilten Berlin

Zoo oder Tierpark – wer hat mehr Elefanten? Ein Rückblick auf eine symbolhafte Epoche mit Rivalitäten und Eitelkeiten.

Schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der 1844 gegründete Zoologische Garten Berlin wieder aufgebaut. Die DDR reagierte prompt mit dem Tierpark im Ostteil der Stadt. Den nachfolgenden Kalten Krieg im Kleinen beschreibt der Journalist Jan Mohnhaupt in seinem neuen Buch «Der Zoo der Anderen».

SRF News: Warum wollte die DDR unbedingt einen eigenen Zoo?

Jan Mohnhaupt: Viele Ostberliner Bürger reisten des Öfteren in den britischen Sektor, um den altehrwürdigen Zoo zu besuchen. Dass passte der DDR-Führung nicht. Sie plante einen viel grösseren und schöneren Tierpark. Ein «Zoo der Zukunft» sollte es werden, mit viel mehr Raum als der Zoo in der westlichen Innenstadt. Auch bei der Tierhaltung wollten die Oberen Massstäbe setzen und die Führungsrolle demonstrieren.

Wie entstand der Tierpark Berlin?

Für den Bau wurde die Bevölkerung mobilisiert, die begeistert mitmachte. Und zwar im Rahmen des Nationalen Aufbauwerks (NAW), das etwa auch für die Stalin-Allee in Ost-Berlin zeichnete. Viel lieber aber half die Bevölkerung beim Tierpark mit – oft am Feierabend. Die Menschen identifizierten sich eher mit einem Zoo, den sie mit ihren Kindern besuchen konnten, als mit einer Prachtstrasse.

Wie kam der Tierpark zu seinen Tieren?

Vor allem die volkseigenen Betriebe der DDR waren reihenweise bereit, für Tiere zu spenden. Ein Bettenhersteller etwa übernahm die Störche. Selbst die Stasi sammelte Geld für einen Brillenbären. Es kamen Mittel für zwei Tiere zusammen – auch in der Überzeugung, ein Bär allein könnte sich einsam fühlen. Am Gehege, in dem heute noch Brillenbären leben, bezeugte früher ein Schild die Finanzierung durch die Staatssicherheit. Aber auch befreundete Zoos halfen mit Tieren aus.

Wie war es mit den grossen Tieren, etwa den Elefanten?

Bei den Elefanten, die zu den prestigeträchtigsten und beliebtesten Zootieren gehören, gab es einen eigentlichen «Poker» zwischen den Zoo-Direktoren. Laut der Legende hatte der damals regierende Bürgermeister Willy Brandt seinen Zoodirektor Heinz-Georg Klös aufgefordert, noch ein paar Elefanten mehr zu besorgen. Es könne wohl nicht sein, dass sich beim Tierpark-Chef Heinrich Dathe im Osten mehr Elefanten tummelten. Angesprochen auf die Mittel, soll Brandt die Mittel unverzüglich zugesichert haben. Klös hat schliesslich die «Schlacht» gegen Dathe mit 11:5 Elefanten gewonnen.

Wie lief das mit dem Weisskopfseeadler?

Das Wettrüsten mit den Tieren ging weiter. Dazu gehört auch der Weisskopfseeadler, den der damalige US-Justizminister Robert Kennedy am 21. Februar 1962 nach Berlin mitbrachte. Das Wappentier der USA war ein spektakuläres Zeichen, dass die USA zu West-Berlin als Teil der freien Welt stehen.

Das Tier erhielt am Tag des Einzugs in den Zoo den Namen «Willy Brandt». Die Ostpresse kommentierte, Brandt sitze nun im Zoo hinter Gittern und ernähre sich von toten Ratten. Ein Detail: Der geschenkte Vogel war alt, hatte einen verwachsenen Schnabel und lahme Fänge. Nach zwei Jahren starb er bereits, doch sein symbolisches Soll hatte er erfüllt.

Warum wurde die Rivalität zwischen West und Ost ausgerechnet über die Zoos ausgetragen?

Das hatte nicht nur politische Gründe: Die beiden Zoodirektoren konnten sich nicht leiden und stachelten sich gegenseitig immer wieder an. Beide waren Egomanen mit fraglos grossen Verdiensten für ihre Einrichtungen: Dathe als ausgewiesener Zoologe und berühmter Ornithologe schaute aber ein bisschen despektierlich auf Klös herab, der «nur» Tierarzt war. Das trieb Klös an, es dem 16 Jahre älteren Dathe immer mal wieder richtig zu zeigen.

Das Gespräch führte Barbara Büttner.

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