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Panorama Was sagt die Sexologin zur Sex-Studie?

Sind Schweizerinnen und Schweizer freizügiger als früher? Wie steht es um Reue und Doppelmoral? Und was müssen wir noch lernen? Sexologin Esther Elisabeth Schütz gibt Antworten.

SRF News: 30'000 Personen haben für die Studie freimütig von ihrer Sexualität erzählt. Gibt es noch sexuelle Tabuthemen in der Schweiz von 2016?

Esther Elisabeth Schütz: Ja, in der Sexualität gilt: wird ein Tabu gebrochen, entsteht ein neues. Die Studie zeigt, wie wenig Paare über ihre wirklichen Probleme miteinander reden, das heisst, die Intimitätsgrenze wird hier gewahrt. Anders gesagt, über die eigene Sexualität reden, das ist zurzeit ein Tabu.

In jeder Beziehung gibt es ein Potential für Seitensprünge. Wichtig ist, dass die Sexualität lebenslang verändert werden kann. Dazu brauchen Herr und Frau Schweizer Mut.
Autor: Esther Elisabeth Schütz Institut für Sexualpädagogik Uster

Wie steht es um Reue und schlechtes Gewissen?

In der Sexualtherapie erfahre ich oft von Männern oder Frauen, dass sie ein schlechtes Gewissen oder sogar Schuldgefühle haben wegen eines Seitensprungs. Die Studie zeigt auf, dass viele schon einen Sexualkontakt bereut haben. Wer für sein Tun die volle Verantwortung trägt und sich bei einem Seitensprung schützt, hat eher kein schlechtes Gewissen und nimmt Rücksicht auf die Partnerin oder den Partner. Diese Rücksicht kann soweit gehen, dass nicht jeder Flirt oder Seitensprung gebeichtet wird.

Wenn eine öffentliche Person wie der Badener Stadtammann Geri Müller oder der ehemalige CVP-Chef Christophe Darbellay wegen Sex-Selfies, bzw. einem Seitensprung in die Schlagzeilen gerät, geben sich viele Leute moralisch entrüstet. Wieviel Doppelmoral herrscht hierzulande?

Es ist eine entlastende Möglichkeit, sich über andere zu beschweren oder sogar zu entrüsten. Dies lenkt ab vom eigenen Tun und kann die Doppelmoral unterstützen.

Sind Städter wirklich freizügiger als Leute vom Land?

In kleinen Gemeinden oder auf dem Lande ist die Sozialkontrolle in der Nachbarschaft grösser. Dies bringt Vor- und Nachteile. Hinzu kommt, dass in vielen grossen Städten ein liberalerer Geist vorherrscht als auf dem Lande. Dazu trägt unter anderem die durchmischte Bevölkerung bei.

Zur Person

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Legende: ISP Uster

Esther Elisabeth Schütz arbeitet seit über 30 Jahren auf dem Gebiet der Sexologie. Sie leitet das Institut für Sexualpädagogik in Uster, ist klinische Sexologin und Sexualtherapeutin.

Sind wir heutzutage eigentlich aufgeschlossener als frühere Generationen?

Unsere Gesellschaft ist im Umgang mit Sexualität sehr liberal geworden. Es gab jedoch schon andere Generationen, welche ebenso offen mit sexuellen Themen umgegangen sind. In der Regel wechselt die Einstellung je nach Zeitgeist.

Die Studie zeigt, dass Sexualität nicht den Jungen, sondern den Menschen in der Mitte des Lebens am wichtigsten ist. Warum ist das so?

Männer und Frauen zwischen 24 und 34 Jahren gewichten die Sexualität stärker als jüngere und die 45- bis 54-Jährigen gewichten sie am höchsten. Im mittleren Alter sind die Menschen in der vollen Lebenskraft und wollen ihre Lebensziele verwirklichen, das heisst, was bisher weniger gewichtet wurde, erhält jetzt mehr Bedeutung.

Was sollten die Schweizerinnen und Schweizer noch lernen in Sachen Sex?

Wer den Partner, die Partnerin sexuell attraktiv findet, muss sich eingestehen, dass auch andere ihn oder sie sexuell attraktiv finden. Das heisst, grundsätzlich gibt es ein Potenzial in allen Beziehungen für Seitensprünge. Aus diesem Grund müssten Paare, obwohl sie sich treu bleiben wollen, im Sinne der gegenseitigen Wertschätzung und des Schutzes vereinbaren, dass sie im Falle von Fremdgehen immer ein Kondom benutzen. Wichtig ist, dass Sexualität lebenslang verändert werden kann. Dazu brauchen Herr und Frau Schweizer etwas Mut, damit sie die Sexualität als Potenzial für Lebensfreude und vieles mehr nutzen können.

Das Gespräch führte Sabine Dahinden.

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