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Werbung der Migros Erdbeeren im März: Wirklich kein Problem?

Umweltexpertinnen kritisieren den Import der roten Früchte aus Spanien. Zu Unrecht, meint die Migros.

Da sind sie wieder – bereits seit einigen Wochen liegen sie in der Früchteabteilung. Und sie lachen uns an, rot, süss und verführerisch.  Aber wir wissen ja: Eigentlich beginnt die Erdbeersaison erst im Mai. Daher lässt wohl der eine oder die andere die rote Versuchung aus dem Ausland stehen und übt sich in Geduld.

Dabei ist das vielleicht gar nicht nötig? «Bei Erdbeeren im März musst du nicht rotsehen. Schon im März kannst du Erdbeeren ohne schlechtes Gewissen kaufen», schreibt die Migros in ihrer aktuellen Ausgabe des Kochmagazins «Migusto». Und: «Jene aus Spanien verbrauchen weniger CO2 als solche, die bei uns im Gewächshaus heranreifen.»

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Eine Badewanne voll Wasser für eine Schale Erdbeeren

Das stimmt sogar. «Die Gewächshäuser müssen beheizt werden und das ist für die CO2-Bilanz nicht gerade von Vorteil», erklärt Silvia Meyer von der Umweltorganisation WWF. Doch bei den Erdbeeren sieht sie ein anderes, grosses Problem: «Sie kommen grösstenteils aus der Region Huelva. Und da gibt es ein massives Wasserproblem.» Im dortigen Nationalpark wurden riesige Flächen gerodet für den Erdbeeranbau – illegal. Auch für die Bewässerung der Felder wird das Wasser teilweise illegal abgezapft. Und für eine Schale Erdbeeren braucht es immerhin rund eine Badewanne voll Wasser.

Ob die Erdbeeren im Laden nun legal oder illegal gewachsen sind, können Konsumentinnen und Konsumenten nicht feststellen. Darum fragt das SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» bei der Migros nach. Mediensprecher Patrick Stöpper versichert, es gehe alles mit rechten Dingen zu: «Wir überprüfen das über eine Auditfirma, die vor Ort auf den Feldern Kontrollen durchführt. Zusätzlich senden wir regelmässig eigene Mitarbeiter nach Spanien, die alles überprüfen.»

Man kann nicht ausblenden, dass das Land jetzt schon unter der Klimakrise und extremem Wassermangel leidet.
Autor: Alexandra Gavilano Greenpeace

Trotzdem bleibt der Versuch der Migros, den schlechten Ruf der spanischen Erdbeeren aufzupolieren, fragwürdig. Alexandra Gavilano von Greenpeace findet: «Man kann nicht ausblenden, dass das Land jetzt schon unter der Klimakrise und extremem Wassermangel leidet. Aus einer solchen Region importiert man doch keine Erdbeeren.»

Am besten essen, was gerade Saison ist

Zumal die Beeren, im Gegensatz zur Banane, nur ein paar Wochen später auch bei uns auf den Feldern wachsen. Man macht also mit Erdbeeren aus Spanien teilweise auch den Schweizer Erdbeer-Bauern das Geschäft kaputt. «Denn wenn wir Konsumenten jetzt schon Erdbeeren essen, haben wir im Juni vielleicht keine Lust mehr darauf. Und dann importieren die Detailhändler Äpfel, sagt zum Beispiel auch der Umweltingenieur Nils Jungblut. Er findet darum, man soll in erster Linie das essen, was bei uns gerade Saison hat.

Ich glaube, das greift zu kurz
Autor: Patrick Stöpper Mediensprecher Migros

Migros-Mediensprecher Patrick Stöpper lässt das nicht gelten. «Man muss sich fragen, ob das sozialverantwortlich ist, wenn wir die Plantage dort nicht mehr auf einem möglichst ökologischen Standard führen, den Leuten keinen Job mehr anbieten würden. Ich glaube, das greift zu kurz».

Und zur Befürchtung, dass Erdbeeren im März den Bauern in der Schweiz das Geschäft kaputt machen, sagt er: «Diese Erfahrung haben wir bisher nicht gemacht. Erdbeeren sind enorm beliebte Früchte. Und auch wenn sie dann später aus der Schweiz kommen, gehen sie weg wie warme Weggli.»

Erdbeeren aus Schweizer Gewächshäusern hat die Migros übrigens auch. Bis in drei Jahren sollen die Gewächshäuser aber immerhin ohne Öl und Gas geheizt werden.

Espresso, 05.04.22, 08:13 Uhr

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