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Aargau Solothurn Grenchner leben gut ohne Spital, verdaut ist das Thema aber nicht

Es gab Unterschriftensammlungen, einen Aktionstag und einen Verein gegen die Spitalschliessung: Gebracht hat es nichts. Im November 2011 war Schluss in Grenchen. Fünf Jahre sind vergangen. Zeit herauzufinden, wie es sich lebt in einer Stadt mit 17'000 Einwohnern, aber ohne Spital.

Früher kämpfte er gegen die Schliessung des Spitals Grenchen, war aktiv im Verein Pro Spital Grenchen und versuchte, die Schliessung des Spitals im November 2011 zu verhindern. Damals musste er sich anhören, warum dieser Weg unausweichlich sei. Heute ist es Marcel Tièche, der die Argumente seiner damaligen Gegner benutzt. Der Grencher hat seine Meinung geändert und erklärt heute seinen Patienten das, war er sich früher anhören musste.

Chronologie der Ereignisse

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  • 1982 Eröffnung Spital Grenchen
  • 1994 Frauenklinik soll schliessen; Kantonsrat sagt vorerst Nein
  • 2003 Schliessung der Frauenklinik
  • 2006 Notfalldienst nur noch zu Bürozeiten
  • 2007 Notfalldienst und stationäre Abteilung schliessen, Tageschirurgie und Innere Medizin werden ausgebaut
  • 2011 Spital geht zu (15 Kündigungen)
  • 2012 Eröffnung Gesundheitszentrum

Frust ist immer noch da

«Mit dem Auto ist man in 15 Minuten im Bürgerspital Solothurn. Und auf der ganzen Welt gibt es wohl wenige Orte, wo das möglich ist», sagt Tièche im Gespräch mit dem Regionaljournal.

In vielen Köpfen herrsche aber immer noch die Meinung, dass «die Solothurner den Grenchnern etwas weggenommen haben» und man als Grenchner nun ins Bürgerspital müsse. «Das Angebot dort ist aber gut, und die Zusammenarbeit mit uns auch», so Tièche.

Klar habe er damals gegen die Schliessung gekämpft. Er, der in diesem Spital einen grossen Teil seiner Ausbildung gemacht hat. Der Kämpfer von damals sieht die Situation heute weniger emotional. «Ich glaube nicht, dass man heute noch ernsthaft für ein so kleines Spital kämpfen darf, weil sich die Medizin auch verändert hat.»

«Es tut noch weh»

Fragt man bei Grenchner Politikern nach, so scheint das Thema zwar gegessen, aber nicht verdaut: «Uns geht es gut ohne Spital, aber weh tut es immer noch», sagt auf Anfrage Stadtpräsident François Scheidegger (FDP). Er erklärt, dass man wegen der Spitalschliessung den Rettungsdienst ausbauen musste.

Das erwähnt auch sein Stellvertreter Urs Wirth (SP), welcher als deutlicher Gegner an einem Aktionstag aufgetreten war: In der Solothurner Zeitung sagte er einmal, er würde für das Spital in die «Kiste» gehen, also ins Gefängnis. Heute schmunzelt er über diese Aussage und relativiert sie. Nein, man habe sich gut arrangiert mit der Situation.

Grosses Glück

Und in einem sind sich die beiden wie auch der ehemalige Stadtpräsident Boris Banga einig. Das, was nach dem Spital Grenchen kam, war das Beste, was der Stadt passieren konnte. «Wir hatten grosses Glück, dass wir einen grossen Investor gefunden haben in der Person von Willi Gyger. Er hat das heutige Gesundheits- und Pflegezentrum Sunnepark aufgebaut», so Scheidegger.

Die Solothurner Spitäler AG ist heute in genau diesem Gesundheitszentrum eingemietet und nutzt die dortige Infrastruktur. Eine stationäre Abteilung gibt es dort nicht mehr, allerdings ambulante Behandlungen sowie weitere Angebote:

  • Diabetesberatung
  • Ernährungsberatung
  • Frauenklinik
  • Orthopädie
  • Radiologie und weitere Angebote
  • Ambulante Psychiatrische Dienste

Zahlen zum Gesundheitszentrum

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Das Gesundheits- und Pflegezentrum Grenchen hat 80 Mitarbeiter und 100 Pflegebetten, die zur Zeit alle belebt sind, heisst es auf Anfrage bei der Geschäftsführung. Die Sunnepark Grenchen AG gehört zur Solviva Gruppe, welche als private AG keine Geschäftszahlen bekannt gibt.

Zum Gesundheitszentrum gehört auch ein Pflegezentrum mit Wohnungen: Dazu wurde der ehemalige Bettentrakt des Spitals umgebaut. Ausserdem gibt es ein Bildungszentrum für Pflegeberufe. Auf dem rund 30’000 Quadratmeter grossen Areal befinden sich auch zusätzliche Arztpraxen sowie das regionale Blutspendezentrum. Geplant sind ausserdem über 100 weitere Alterswohnungen mit angegliederter privater Spitex.

Im Rückblick ist das auch für Kurt Altermatt eine gute Lösung. Er ist der ehemalige Direktionspräsident der Solothurner Spitäler AG (SoH), welche das Grenchner Spital betrieb. Gerne hätte man schon früh selber einen Investor wie Willi Gyger präsentieren wollen, «das hätte die Lage und die Gemüter sicher etwas früher beruhigt», sagt Altermatt. Aber so jemanden habe es in der damaligen Situation nicht gegeben.

Geteilte Meinungen

Die erhitzen Gemüter in der Politik sind verstummt. Aber wie kommen die gut 17'000 Grenchnerinnen und Grenchner ohne Spital aus? Auf der Strasse sind die Meinungen geteilt, wie eine nicht repräsentative Umfrage zeigt. Der Frust ist immer noch spürbar, andererseits aber auch das Verständnis für die heutige Situation.

(Regionaljournal Aargau Solothurn, 6:32 Uhr, alab;meyb)

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