Die Aargauer SVP ist eigentlich dafür bekannt, Klartext zu sprechen. Doch im Bezug auf die Regierungsratswahlen im Herbst tut sie dies für einmal nicht – oder nicht mehr. Noch im Herbst hatte Parteipräsident Thomas Burgherr klipp und klar gesagt, dass die SVP einen zweiten Sitz in der Regierung anstrebt, auf Kosten der Grünen Susanne Hochuli. Anfang Jahr dann der Rückzieher.
Strategiewechsel punkto Hochuli
Nun will die SVP offiziell eine Auswahl bieten und die Regierung soll bürgerlicher werden. Ob auf Kosten von Hochuli oder dem SP-Vertreter Urs Hofmann mag niemand mehr deutlich sagen. Thomas Burgherr spricht rückblickend von «Übermut», den ihn zur Aussage bewogen habe. Man habe sich nun dafür entschieden, keine Person anzugreifen.
Doch auch ohne offizielle Äusserungen machte die Parteileitung am Mittwochabend wiederholt klar, gegen wen sich Franzika Roths Kandidatur richtet. Immer wieder fiel der Namen der Grünen Regierungsrätin. Thomas Burgherr betont jedoch, dass man Susanne Hochuli am Parteitag nicht persönlich angegriffen habe. «Wir haben über das Gesundheitswesen gesprochen. Es ist legitim, dass man an einem Parteitag mit dem Finger auf wunde Punkte zeigt.»
Mit «No-Name-Kandidatin» zum zweiten Sitz
So bleibt es ein offenes, aber inzwischen gut gehütetes Geheimnis, gegen wen Franziska Roth mit ihrer Kandidatur antritt. Ihre Nomination war am Mittwoch am Parteitag in Gipf-Oberfrick komplett unbestritten. Es gab keinerlei Fragen an die politisch noch unbekannte Brugger Bezirksrichterin.
Bis im Sommer kennt man Franziska Roth.
Genau wie der bisherige Alex Hürzeler wurde sie mit tosendem Applaus nominiert. Roth muss sich nun dringend bekannter machen. Dass sie dies im ersten Monat nach Bekanntwerden ihrer Kandidatur noch völlig verpasst hatte, ist für Thomas Burgherr kein Problem.
«Bis im Sommer kennt man Franziska Roth», ist der Parteipräsident der SVP Aargau überzeugt. Von einem verpatzten Wahlkampfstart, wie es die «Aargauer Zeitung» ausgedrückt hatte, will er nichts wissen. Die Zeitung hatte Roth kritisiert, nachdem sie offenbar kurzfristig einen Fernseh-Talk abgesagt hatte, bei dem auch der Präsident der Aargauer Grünen eingeladen war.
Ich bin eher auf der rechten Seite meiner Partei aber ich bin keine Hardlinerin.
Franziska Roth betont gegenüber dem Regionaljournal, dass sie sich im vergangenen Monat bewusst noch nicht in den Wahlkampf gestürzt habe. «Zuerst musste ich nominiert werden. Jetzt bin ich ja da und gebe Interviews.» Eine konkretes Wahlkampfkonzept werde sie nun ausarbeiten und sich auf vielen Veranstaltungen präsentieren. Politisch wurde sie der Parteibasis als relativ weit rechts präsentiert. Sie selbst betont, dass sie zwar wohl rechts der Parteimitte stehe, jedoch bestimmt keine Hardlinerin sei.
Roth ist politisch unerfahren. Als Stärke streicht sie neben Durchhaltevermögen ihre berufliche Erfahrung als Bezirksgerichtspräsidentin in Brugg hervor. «Was bei uns am Gericht vorbeikommt ist ja auch das, was aus der Politik hervorgeht». Als Regierungsrätin möchte die 51-Jährige Mutter eines Sohnes den Mittelstand entlasten. «Es gibt an vielen Orten Handlungsbedarf. Noch geht es uns gut, aber das könnte sich ändern, wenn man sich nicht entsprechend einbringt».
Hürzelers nächste Bildungshürde steht bereit
Neben Franziska Roth wurde am Mittwoch auch der bisherige SVP-Regierungsrat Alex Hürzeler von der Parteiversammlng nominiert. Seit seinem Amtsantritt 2009 hat er die grosse Bildungsreform beinahe komplett umgesetzt. Mit dem Resultat zeigt sich der Bildungsdirektor zufrieden. Dass er die Reform in kleinen, vertretbaren Schritten umgesetzt habe, sei das Erfolgsrezept.
Im Gegensatz zur ersten Legislatur sei in den letzten Jahren einiges nicht mehr möglich gewesen wegen dem Spardruck. Hürzeler nennt beispielsweise eine Vorlage im Bereich Musikunterricht.
Die Bildungsreform war eine grosse Herausforderung und ich bin mit dem Resultat zufrieden.
Ob er bei einer Wiederwahl einen Departementswechsel anstrebt, liess er im Gespräch mit Radio SRF offen. Als Bildungsdirektor gäbe es aber auch noch genügend zu tun, betont er. Die nächste grosse Hürde im Bildungsdepartement wird die Umsetzung des Lehrplan 21. Dass er dabei voraussichtlich wieder einmal gegen seine eigene Partei argumentieren muss, gehöre zum Spiel dazu, so Hürzeler.
Alex Hürzeler hat in der Vergangenheit mehrfach betont, dass er die heutige Zusammensetzung der Regierung als positiv empfindet. Nun bringt seine Partei eine Kampfkandidatur und will einer linken Partei den Sitz streitig machen.
Hürzeler stellt sich im Gespräch mit SRF hinter dieses Anliegen und zeigt sich auch von Franziska Roth überzeugt. Ob er den Wahlkampf aktiv mit ihr zusammen als Zweierticket bestreiten wird, auch im öffentlichen Auftritt auf Plakaten, das lässt er noch offen.
Köpfe zu den Aargauer Regierungsratswahlen 2016
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Bild 1 von 12. Urs Hofmann (SP, bisher). Als Innendirektor ist Hofmann zuständig für Polizei und Justiz, aber auch für die Volkswirtschaft. Er kämpft unter anderem gegen Gewalt im Fussball und gegen Stellenabbau in der Industrie. Der ehemalige Nationalrat ist ebenfalls seit 2009 Regierungsrat. Im April haben ihn die Genossen für die Wiederwahl nominiert. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 12. Alex Hürzeler (SVP, bisher). Seit 2009 leitet der SVP-Mann aus dem Fricktal das Departement Bildung, Kultur und Sport. Er will im Herbst für eine dritte Amtszeit kandidieren. Im April wurde er von seiner Partei offiziell nominiert. Bildquelle: Kanton Aargau/André Albrecht.
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Bild 3 von 12. Stephan Attiger (FDP, bisher). Er will noch einmal: Der Badener ist seit 2012 Vorsteher des Departements Bau, Verkehr und Umwelt und damit verantwortlich für viele grosse Infrastrukturprojekte im Kanton. Ende April nominierte ihn die FPD an ihrem Parteitag offiziell. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 12. Markus Dieth (CVP, neu). Die Delegierten der CVP Aargau haben den aktuellen Grossratspräsidenten im April offiziell als Regierungsrats-Kandidat nominiert. Der ehemals «höchste Aargauer» galt schon lange als möglicher Kandidat für die Nachfolge von Finanzdirektor Roland Brogli. Der gestandene CVP-Politiker ist ausserdem Gemeindeammann von Wettingen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 12. Franziska Roth (SVP, neu). Die Bezirksgerichtspräsidentin von Brugg soll der SVP einen zweiten Sitz in der Regierung verschaffen. «Wir haben Anspruch darauf», sagt Roth und spielt damit auf die beinahe 40 Prozent Wähleranteil ihrer Partei an. Roth gibt sich inhaltlich moderat, hat aber bisher kaum politische Erfahrung. Im April wurde sie offiziell nominiert. Bildquelle: Maurice Velati/SRF.
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Bild 6 von 12. Robert Obrist (Grüne, neu). Ende Juli präsentierten die Grünen Obrist als Kandidaten. Er soll den Sitz von Susanne Hochuli verteidigen, welche nach zwei Amtsperioden nicht mehr antritt. Robert Obrist ist Ingenieur Agronom und sitzt seit 2014 im Grossen Rat. Bildquelle: ZVG/GRÜNE AARGAU.
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Bild 7 von 12. Maya Bally (BDP, neu). Die Aargauer Grossrätin Maya Bally will für die BDP einen Sitz im Aargauer Regierungsrat erobern. Die gebürtige Zürcherin lebt seit 2001 in Hendschiken und ist seit 2013 im Grossen Rat. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 12. Yvonne Feri (SP, neu). Die Nationalrätin soll den frei werdenden Sitz von Susanne Hochuli ergattern. Die Wettingerin hat weit mehr politisches Know How als andere Kandidaten vorzuweisen: Sie sammelte als Gemeinde-, Gross- und Nationalrätin Erfahrung auf lokaler, kantonaler und nationaler Ebene. Bildquelle: ZVG/SP AARGAU.
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Bild 9 von 12. Ruth Jo Scheier (GLP, neu). Die Aargauer Grossrätin Ruth Jo Scheier tritt für die GLP an und will in die Aargauer Regierung. Die 40-Jährige sitzt seit 2009 im Grossen Rat und seit 2014 im Einwohnerrat von Wettingen. Bildquelle: ZVG.
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Bild 10 von 12. Die Juso Aargau tritt gleich mit einem Dreierticket an und nominiert drei junge Frauen für den Regierungsrat: Mia Jenni, Ariane Müller und Mia Gujer. Bildquelle: zvg.
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Bild 11 von 12. Jil Lüscher stellt sich als Parteilose für den Aargauer Regierungsrat zur Wahl. Die 59-jährige Journalistin ist in Muhen aufgewachsen und wohnt heute in Zofingen. Bildquelle: zvg.
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Bild 12 von 12. Dauerkandidat Pius Lischer stellt sich auch bei den diesjährigen Aargauer Regierungsratswahlen wieder zur Wahl. Bildquelle: Keystone.