Wer hat ein vertrauliches Protokoll der Kommission für Gesundheit und Sozialwesen der Aargauer Zeitung zugespielt? Möglicherweise beschäftigt sich schon bald die Justiz mit der Frage, nachdem die Aargauer Zeitung am Montag im Detail aus dem geheimen Protokoll zitiert hat.
«Das ist eine krasse Verletzung des Kommissionsgeheimnisses», ärgert sich Präsident Hans Dössegger (SVP) gegenüber dem Regionaljournal Aargau Solothurn von Radio SRF. Von welcher politischen Seite auch immer das gemacht worden sei, es sei «inakzeptabel».
Wurde das Amtsgeheimnis gleich mehrfach verletzt?
Ob Dössegger, wie in solchen Fällen üblich, Anzeige gegen Unbekannt einreicht, ist noch nicht entschieden. Vorläufig nehme Grossrats-Präsident Marco Hardmeier (SP) weitere Abklärungen vor, sagte Dössegger am Montagvormittag.
Grossrats-Präsident Hardmeier seinerseits will sich nicht weiter zum Fall äussern. Laut einer am Montagmittag verschickten Medienmitteilung hat er aber eine briefliche Anfrage an die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau gerichtet. Hardmeier geht von einer mutmasslichen Amtsgeheimnisverletzung aus und fragt die Staatsanwaltschaft, «ob diese gedenkt, sich dem Offizialdelikt anzunehmen». Eine Anzeige wäre damit hinfällig.
Wie der Medienmitteilung zu entnehmen ist, geht Marco Hardmeier überdies davon aus, dass das Kommissionsgeheimnis gleich mehrfach verletzt worden ist. Das vertrauliche Protokoll war nicht nur den Mitgliedern der Gesundheitskommission zugestellt worden, sondern auch dem Büro des Grossen Rates, dem sämtliche neun Fraktionspräsidenten angehören.
Die Staatsanwaltschaft prüft nun, ob es eine Strafuntersuchung braucht. Dafür sei ein hinreichender Tatverdacht nötig, heisst es auf Anfrage von Radio SRF. Bis jetzt gibt es also noch keine Strafuntersuchung wegen Amtsgeheimnisverletzung.
Beschaffungs-Affäre: Ein Fall für die GKP?
Und was steht denn Brisantes in dem Protokoll, dass jemand das Kommissionsgeheimnis verletzt und die Aargauer Zeitung detailliert daraus zitiert? Es geht um die sogenannte Beschafftungs-Affäre im Departement von Regierungsrätin Susanne Hochuli (Grüne).
Jener Mann, der im Departement für das Beschaffen von Möbeln für Asylunterkünfte zuständig war, hatte die Möbel von einer Firma bezogen, die der Frau seines Cousins gehörte. Eine Sonderprüfung der Finanzkontrolle hatte daraufhin ergeben, dass sich zwar niemand bereichert hatte, dass aber gegen Beschaffungsvorschriften verstossen wurde.
Politisches Seilziehen
Die Gesundheitskommission hat nun am 22. März beschlossen, dass es nicht bei der Prüfung der Finanzkontrolle bleiben soll, sondern dass auch noch die Geschäftsprüfungskommssion (GPK) des Grossen Rates die Affäre genauer unter die Lupe nehmen soll. Der Entscheid fiel knapp.
Ob die GPK den Fall wirklich vertieft untersucht, ist indes noch nicht klar. Das entscheidet das Büro des Grossen Rates. Die Gesundheitskommission stellte den entsprechenden Antrag.