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Die Zeit ist vorbei, wo die Leute selbstverständlich zur Kirche gehören
Aus Regionaljournal Bern Freiburg Wallis vom 28.06.2020. Bild: Michael Sahli/SRF
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Sonntagsgast «Die reformierte Bescheidenheit ist eine Tugend»

Im Gespräch blickt Andreas Zeller auf die Herausforderungen seiner Tätigkeit als Synodalratspräsident zurück.

Andreas Zeller

Andreas Zeller

Präsident des Synodalrats der Reformierten Kirchen Bern–Jura–Solothurn

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Andreas Zeller (65) war arbeitete 26 Jahre lang als Pfarrer. Zuerst in Flamatt (FR) dann in Münsingen (BE). 2007 wurde oberster Verantwortlicher der Reformierten in Bern, Jura und Solothurn. Vorher war Zeller bereits 8 Jahre lang Mitglied des Synodalrats. In seine Amtszeit fällt unter anderem das neue Landeskirchengesetz, nach welchem die Pfarrpersonen wieder von der Kirche angestellt werden. Andreas Zeller ist verheiratet mit Rosalia Zeller-Meija.

SRF News: Jahr für Jahr verlassen Tausende Mitglieder die Kirche. Auch in der reformierten Kirche Bern Jura Solothurn. Hadern sie mit dem Aderlass?

Nein. Ich habe in meiner Amtszeit ja sehr viel Besuche in Gemeinden gemacht. Und ich habe da immer eine grosse Zahl von engagierten Menschen kennengelernt, die sich nie von der Kirche entfernen würden. Aber dann gibt es auch viele Leute, die keine Beziehung zur Kirche haben und sich halt sagen, was soll ich hier dabei sein, wenn ich doch keine Leistungen in Anspruch nehme.

Es war ja auch etwas ihre Mission, den Mitgliederschwund aufzuhalten. Sind sie an dieser Aufgabe manchmal verzweifelt?

Es ist unglaublich schwierig. Wir haben Broschüren herausgegeben, die die Vorzüge der Kirche aufzeigen, wir haben eine Zeitung gemacht, mit dem Titel «Die Kirche ist mehr als Du glaubst».

Die Individualisierung der Gesellschaft ist einfach ein Fakt
Autor: Andreas ZellerSynodalratspräsident Bern–Jura–Solothurn

Wir waren immer an der Bea oder an der Hochzeitsmesse «Mari Natal». Hatten unzählige Begegnungen. Und dennoch sind die Austrittszahlen da.

An was ist denn Ihre Mission gescheitert?

Die Zeit ist vorbei, wo die Leute einfach selbstverständlich dazu gehören, weil sie in die Kirche hineingeboren wurden. Das erleben ja nicht nur die Kirchen, sondern auch die Verbände, Vereine oder die Politik. Die Individualisierung der Gesellschaft ist einfach ein Fakt.

Gibt es denn eine Massnahme, die man machen könnte, um zumindest jene zu halten, die man noch hat?

Wir haben letzte Woche an der Synodalratssitzung gehört, dass vier Wiedereintrittsstellen geschaffen werden. Diese Leute werden kreuz und quer im Kanton platziert. Zum Beispiel in kirchlichen Ausleihe-Bibliotheken. Mit dem Ziel. Dass sich Leute, die ausgetreten sind, zum Wiedereintritt in unsere Kirche entscheiden.

Sie sind als Synodalratspräsident nie besonders in den Mittelpunkt getreten. Warum nicht?

Weil ich finde, dass die sprichwörtliche reformierte Bescheidenheit eine wichtige Tugend ist. So wie der Pfarrer in der Gemeinde auf Augenhöhe mit den Leuten sein sollte, sollte das auch der Synodalratspräsident machen.

Gottfried Locher hat sich in einer Art entwickelt, wie wir das nicht erwartet haben
Autor: Andreas Zeller

Man darf nie das Amt und die Person verwechseln. Man übt die Funktion eine bestimmt Zeit aus. Und dann geht man wieder zurück ins Glied. So bleibt man auf dem Boden.

Um den Bedeutungsverlust der Kirche aufzufangen strebte der in Kritik geratene und mittlerweile zurückgetretene Präsident der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS), Gottfried Locher, an, seinem Amt mehr Aufmerksamkeit zu geben. Sein Plan: dass auch die Reformierten eine Art Bischof haben sollten. Hat Ihnen das nicht gepasst?

Nein. Wir haben Herr Locher seinerzeit zwar portiert und in dieses Amt gebracht. Er hat sich aber in einer Art entwickelt, wie wir das nicht erwartet haben. Man kann auch in so einem Amt entweder die Öffentlichkeit suchen oder die Arbeit im Hintergrund machen. Der Auftritt in den Medien ist dann noch das Sahnehäubchen – es sollte nicht im Vordergrund stehen.

Gottfried Locher werden Grenzverletzungen im Umgang mit mehreren Frauen vorgeworfen. Sie, Andreas Zeller, treten in einer Zeit ab, in der bei der reformierten Kirche Feuer im Dach ist. Was sagen sie zur aktuellen Krise?

Die Grenzverletzungen sind in keinem Fall tolerierbar und vereinbar mit so einem Amt. Es ist mir aber wichtig, zu sagen, dass nicht die EKS in der Krise ist, sondern es handelt sich hier um ein gravierendes persönliches Versagen. Ich bin sicher, dass wenn mal aufgeräumt ist und eine Nachfolge gewählt ist, diese Person dieses Amt mit Würde und Seriosität ausüben kann.

Das Interview führte Michael Sahli.

SRF 1, Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30;

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