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Regisseurin Anna Papst erzählt, die das Gefängnis den Blick für die Freiheit schärft
Aus Regionaljournal Bern Freiburg Wallis vom 21.01.2019. Bild: Christina Scheidegger/SRF
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Theater über Sträflinge «Gibt es eine Zweitkarriere als anständiger Bürger?»

Die Regisseurin Anna Papst hat Gefangene in der Justizvollzugsanstalt Witzwil im Berner Seeland getroffen. In einer Theaterreportage in den Berner Vidmarhallen bringt sie diese Gespräche auf die Bühne.

Anna Papst

Anna Papst

Regisseurin und Autorin

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Anna Papst, Jahrgang 1984, wuchs in Nänikon bei Zürich auf. Sie schloss 2011 ihr Regiestudium an der Zürcher Hochschule der Künste ab. In der Spielzeit 2017/2018 war Anna Papst Hausautorin am Konzert Theater Bern.

SRF News: Was hat Sie darauf gebracht, sich mit dem Thema «Gefängnis» zu beschäftigen?

Anna Papst: Ausgangspunkt war ein Artikel über die «Raser von Täuffelen». Das sind zwei junge Männer, die sich mit ihren Autos ein Wettrennen geliefert und dabei einen Familienvater totgefahren haben. Sie wurden in erster Instanz zu sieben Jahren Haft verurteilt. Im Artikel wird die Richterin zitiert, die beiden hätten nach ihrer Haft eine zweite Chance, der Tote hingegen nicht.

Wie sieht die zweite Chance nach einer Haftstrafe aus?

Und ich habe mich dann gefragt: Wie sieht denn diese zweite Chance nach einer Haft aus? Welchen Job bekommt man mit einer Vorstrafe, was für eine Wohnung? Wer will überhaupt noch etwas mit einem zu tun haben? Gibt es quasi eine Zweitkarriere als anständiger Bürger?

Welche Begegnungen hatten Sie im Gefängnis?

Die waren total unterschiedlich. Aber viele der Gefangenen haben einen Blick auf die Freiheit, den ich so nicht gekannt habe.

Viele Gefangene haben einen Blick auf die Freiheit, den ich so nicht gekannt habe.

Ein Gefangener hat mir zum Beispiel erzählt, dass er während seines Hafturlaubs das Menschengedränge an einem Bahnhof als total schön empfunden habe. Im Gefängnis hast du immer die gleiche Umgebung, die gleichen Leute. Ich habe mir zuvor nie überlegt, dass die Unberechenbarkeit und die Kontakte zu verschiedensten Menschen in unserem Alltag ein Teil unserer Freiheit sind.

Gibt es Geschichten, die Ihnen bis heute nahe gehen?

Eigentlich gehen mir alle Begegnungen nahe, die jetzt im Stück vorkommen. Deshalb habe ich sie auch ausgewählt. Lange beschäftigt hat mich zum Beispiel die Geschichte eines Vaters, der seiner Tochter bisher nicht gesagt hat, dass er im Gefängnis sitzt. Er erzählt ihr, er arbeite im Ausland. Und ich habe mir dann Gedanken darüber gemacht, was sich dieses Mädchen wohl vorstellt. Ist ihr Vater ein Hochseekapitän? Oder arbeitet er im Dschungel, dass er nicht einmal über Weihnachten nach Hause kommen kann? Es ist für viele Kinder eine Realität, dass ein Elternteil im Gefängnis ist. Das war für mich ein neuer Gedanke.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

Reportage auf der Theaterbühne

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Die Form der Theaterreportage hat die Regisseurin und Autorin Anna Papst gemeinsam mit dem Künstler Mats Staub entwickelt. Die Idee: nichts ist erfunden, alle Personen sind echt, im Zentrum stehen Menschen statt Figuren.

Für das Projekt «Freigänger» hat Regisseurin Anna Papst im Vorfeld mit rund 30 Personen ausführliche Gespräche geführt und diese transkribiert. Die Texte von neun dieser Persönlichkeiten hat sie für die Bühne zu Monologen und Dialogen verdichtet. Drei Schauspielerinnen bringen die Texte auf die Bühne – ein gewollter Kontrast zum gängigen Bild des männlichen, gewalttätigen Straftäters.

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