Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

Hochwasser-Forschung «Es war eine der ersten Bewährungsproben für die Schweiz»

1868 traten in der Schweiz Flüsse und Seen über die Ufer und richteten massiven Schaden an. Besonders betroffen waren Graubünden und das St. Galler Rheintal. In den Schweizer Amtsstuben hat das Hochwasser einiges ausgelöst.

Vals nach dem Hochwasser
Legende: Der mit Sand verschüttete Talboden von Vals GR nach dem Hochwasser und den darauffolgenden Murgängen. ZVG/Gemeindearchiv Vals

Weggerissene Brücken, überschwemmtes Kulturland und rutschende Hänge: Das Hochwasser im September und Oktober im Jahr 1868 hat in der Schweiz verheerende Schäden angerichtet und 51 Menschenleben gefordert. Am stärksten betroffen waren die Kantone Graubünden, St. Gallen und Tessin.

Stefan Brönnimann, Forscher an der Universität Bern, hat sich das Hochwasser-Ereignis von 1868 genau angeschaut und herausgefunden: Die Überschwemmungen haben damals zu einem Umdenken geführt und den Umgang mit Hochwasser bis heute geprägt.

Ein Druck, der die Überschwemmungen in Montlingen zeigen.
Legende: Dieser Druck aus dem Jahr 1868 zeigt das Hochwasser durch einen Dammbruch bei Montlingen mit Blick rheintalaufwärts. ZVG/Staatsarchiv St. Gallen

SRF News: Warum haben sie genau dieses Ereignis untersucht?

Stefan Brönnimann: Das war eines der stärksten Unwetter in der Schweiz. Extremereignisse sind heute ja sehr stark im Fokus, man möchte sie besser verstehen. Dafür schaut man sich grosse Ereignisse der Vergangenheit an und dieses war sehr relevant für die Schweiz.

Relevant, warum?

Damals war der Bundesstaat noch sehr jung und das Ereignis eine der ersten Bewährungsproben. Es war nicht das erste Hochwasser, es gab auch schon welche davor. Deshalb gab es auch warnende Stimmen, man müsse sich Gedanken machen, wie man mit Naturgefahren umgehen wolle. Aber im noch jungen Bundesstaat konnten sich diese nicht durchsetzen. Das Ereignis hat dann vieles beschleunigt und vielem zum Durchbruch verholfen.

Audio
Interview mit Stefan Brönnimann
aus Regionaljournal Graubünden vom 27.09.2018.
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 31 Sekunden.

Können sie ein Beispiel machen?

Man hat zum Beispiel die generelle Kompetenzenverteilung zwischen Bund und Gemeinden hinterfragt. Damals hatte der Bundesstaat nicht sehr viele Kompetenzen. Nach dem Hochwasser nahm der Bund das Heft aber in die Hand. Es wurde ein Amt gegründet, welches für Wasserbau und Forstwirtschaft zuständig war.

Die Autoren

Box aufklappen Box zuklappen

Stefan Brönnimann ist Professor für Klimatologie an der Universität Bern. Gemeinsam mit der Historikerin Stephanie Summermatter und weiteren Autorinnen und Autoren hat er das Hochwasserereignis aus dem Jahr 1868 untersucht. Dabei ging es darum, wie es dazu kam, was die Folgen waren und welche Lehren daraus gezogen werden könnten.

Was ist innerhalb der Gesellschaft passiert?

Auch dort ist etwas geschehen. Die Solidarität zwischen den Kantonen, den Städten und dem Land wurde bis dann noch nicht geprüft. Vielleicht auch dadurch, dass das Ereignis in den Alpen geschehen war, was sowieso Identifikationsraum war für die Schweiz, hat das funktioniert. Die ganze Schweiz hatte sich solidarisch gezeigt mit den betroffenen Regionen. Es gab einen Spendenaufruf, welcher enorm erfolgreich war. Die Solidarität spielte.

Mann steht vor Hauswand
Legende: Stefan Brönnimann von der Universität Bern hat die Auswirkungen des massiven Hochwassers im Jahr 1868 untersucht. SRF

Bei ihrer Arbeit sind sie auch der Frage nachgeganen, welche Lehren daraus gezogen werden können. Zu welchem Schluss kommen sie?

Auf der einen Seite muss man sich darauf vorbereiten, dass Starkniederschlagsereignisse häufiger werden, deshalb muss man sich darauf vorbereiten. Das ist der Grund, dass wir vergangene Ereignisse untersuchen. Doch auch der gesellschaftliche Aspekt ist interessant. Wir haben festgestellt, dass es ein Einzelereignis war, das vieles ausgelöst hat, was bis dann politisch noch nicht mehrheitsfähig war. Es wird wahrscheinlich auch in Zukunft so sein, dass Einzelereignisse zu einem Umdenken im Hochwasserschutz führen werden.

Druck vom Hochwasser in Montlingen.
Legende: Die alte Strasse in Montlingen am 14. Tag der Überschwemmung: Hochwasser im Dorfteil Tänneli in Montlingen im Jahr 1868 – ebenfalls gezeigt als Druck. ZVG/Staatsarchiv St. Gallen

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel