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Interview mit dem Churer Stadtpräsidenten Urs Marti
Aus Regionaljournal Graubünden vom 29.05.2020. Bild: Keystone
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Strenges Coronaregime in Chur «Ich war nie in Panik»

Die Stadt Chur ist seit Ausbruch des Coronavirus in der Schweiz weiter gegangen als andere Regionen. Die Gruppengrössen wurden viel tiefer angesetzt als dies der Bundesrat in einer ersten Phase vorgeschrieben hatte, Selbstdeklaration der Läden und Maskentragen wurden empfohlen.

Urs Marti

Urs Marti

Stadtpräsident von Chur

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Seit 2013 ist Urs Marti (FDP) Stadtpräsident von Chur. Er leitet das Departement Finanzen Wirtschaft Sicherheit. Seit 2000 vertritt Marti den Kreis Chur im Grossen Rat Graubünden.

An der Front und hinter diesen Massnahmen stand Stadtpräsident Urs Marti. Er persönlich ging so weit, dass er während der Krise nicht zu Hause bei seiner Familie, sondern in einem Ferienhaus wohnte, als Schutzmassnahme.

SRF News: Chur hat früh mit drastischen Massnahmen auf sich aufmerksam gemacht. Wie waren die Reaktionen auf diese forsche Haltung?

Es gab Kritik und Lob. Die positiven Reaktionen überwogen aber – vor allem aufgrund der rasend schnellen Entwicklung. Der Bundesrat hat seine eigenen Entscheidungen nur Tage nach einem Entscheid wieder aufgehoben. Wir hatten uns selbst informiert, wie eine Pandemie zu bekämpfen ist, und setzten früh auf das Contact Tracing. Im Nachhinein kann man sagen, dass der Bundesrat und alle auf unser Modell zurückgekommen sind. Wir haben das aber nicht erfunden!

Im Nachhinein kann man sagen, dass der Bundesrat und alle auf unser Modell zurückgekommen sind.

Wir hatten uns lediglich informiert und uns war klar, dass wir die Ansteckungen nur dann rückverfolgen können, wenn wir die Gruppengrössen auf fünfzig Personen beschränken, und das hat sich bewährt.

Chur ging nicht nur bei den Gruppengrössen immer einen Schritt weiter als die anderen. Beispielsweise bei der Deklaration der Schutzmassnahmen bei Läden oder bei der Empfehlung, Schutzmasken zu tragen. Warum ging Chur immer einen Schritt weiter als andere?

Es war immer eine sorgfältige Arbeit hinter diesen Entscheiden. Und im Nachhinein haben wir Recht bekommen. Beispielsweise hat Schweiz Tourismus die Selbstdeklaration der Schutzmassnahmen übernommen. Und Schutzmasken sind ein sehr niederschwelliges Mittel, um Tröpfcheninfektionen zu vermindern. Damit kann der Wirtschaft der Wiedereinstieg ermöglicht werden, ohne in kurzer Zeit eine zweite Welle zu provozieren. Unsere Massnahmen waren durchdacht, sorgfältig und hilfreich.

Unsere Massnahmen waren durchdacht, sorgfältig und hilfreich.

Aber ich kann verstehen, dass die Leute auch genug hatten und sich fragten, ob es das auch noch braucht. Es geht aber um so viel Geld, dass sich diese Schritte lohnen. Die Wirtschaft darf auf keinen Fall geschlossen werden.

Spielte da auch persönliche Betroffenheit mit? Sie erwähnten, dass Sie zu Hause eine Person aus der Risikogruppe haben. Haben Sie Angst vor dem Virus?

Nein. Ich war in dieser ganzen Phase nie in Panik. Ich blieb immer sehr analytisch, was meinem Naturell entspricht, und habe mich mit dem Team abgesprochen. Ich habe als Stadtpräsident die Verantwortung für die Gesundheit der rund 40'000 Einwohnerinnen und Einwohner von Chur. Und wenn in solch einer Lage der Stadtpräsident mit den Schultern zucken würde – ach komm, ist doch egal – dann wäre das die falsche Haltung einer Amtsperson.

Wie lässt sich Ihre liberale politische Haltung mit dem strengen Regime vereinbaren?

Das lässt sich gut vereinbaren. Eine liberale Haltung heisst auch, dass dort die persönliche Freiheit endet, wo es die Freiheit eines anderen tangiert. Und gerade wenn es um die Gesundheit geht, darf man auch Verantwortungsgefühl und richtiges Handeln einfordern.

Gerade wenn es um die Gesundheit geht, darf man auch Verantwortungsgefühl einfordern.

Wir haben in Chur kaum Bussen ausgestellt, sondern beraten und kommuniziert, und das lässt sich gut mit einer freisinnigen Haltung vereinbaren.

Der Krisenstab wird langsam abgebaut, Chur kehrt zu einer Normalität zurück. Was bleibt Ihnen von den letzten Wochen besonders im Gedächtnis?

Das waren die vielen guten Rückmeldungen. Unternehmer, die sich extrem seriös auf die Wiedereröffnung vorbereitet haben. Lehrer, die sich wieder auf die Kinder freuten. Das Bild vom Aufwachen aus dem Dornröschenschlaf passt gut, weil das Dornröschen ein schönes Wesen ist und Chur eine schöne Stadt.

Das Gespräch führte Silvio Liechti.

Regionaljournal Graubünden; 17:30 Uhr;

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