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Ostschweiz Deutsche wollen Einkaufstouristen aus der Schweiz ausbremsen

Einkaufstouristen aus der Schweiz sind in deutschen Grenzstädten wenig beliebt: Sie sorgen für Staus und verstopfen die Parkhäuser. Nun wollen Politiker, dass die Mehrwertsteuer erst ab einem Einkauf von 50 Euro zurückerstattet wird. Der Vorschlag lässt in der Grenzregion niemanden kalt.

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Rückerstattung erst ab 50 Euro (18.06.2015)
05:57 min
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Grenzübergang Emmishofen: Ein ums andere Auto mit Schweizer Kennzeichen und vollbepacktem Kofferraum rollt nach der Shopping-Tour in Süddeutschland Richtung Kreuzlingen. Im Zollhaus lassen sie ihre Ausfuhrscheine abstempeln. Das berechtigt sie, die Mehrwertsteuer von bis zu 19 Prozent zurückzufordern.

Politiker wollen Bagatellgrenze

In Deutschland gibt es keine Mindesteinkauf-Schwelle. Hier kann man im Gegensatz zu den anderen Schweizer Nachbarländern jeden Euro zurückverlangen. Und davon wird auch rege Gebrauch gemacht. Nun wollen Spitzenpolitiker aus Baden-Württemberg aber eine sogenannte Bagatellgrenze von 50 Euro einführen.

Beim Gewerbeverband Kreuzlingen kommt das verständlicherweise gut an. Die Situation sei wegen der Frankenstärke nach wie vor sehr angespannt, sagt dessen Präsident, Andreas Haueter. «Es ist eine Ungleichheit zwischen Kreuzlingen und Konstanz.» Die Einführung der Grenze wäre für Schweizer Geschäfte ein Vorteil.

Die meisten Einkaufstouristen aus der Schweiz hätten allerdings keine Freude an einer Mindestgrenze für die Rückerstattung der Mehrwertsteuer. «So hätte ich weniger in der Kasse», sagt ein Schweizer Passant in Konstanz. Doch es gibt auch ein paar wenige, die nicht in erster Linie an ihr eigenes Portemonnaie denken und eine Bagatellgrenze befürworten. Vor allem, weil so wohl die Warteschlangen wegen der Abstempelei verkürzt werden könnten, wie eine Schweizerin zu Protokoll gibt.

Deutsche sind zunehmend genervt

Tatsächlich ist die Bevölkerung in Konstanz zunehmend genervt. «Man kann an einem Freitag wegen der Schweizer nicht einkaufen gehen», sagt eine deutsche Passantin. Früher sei man sehr Schweizer-freundlich gewesen, sagt ein Mann. Jetzt nicht mehr: «Es gibt leider Gottes zu viele, die sich unangenehm aufführen.»

Schweizer Einkaufstouristen sorgen nicht nur in Konstanz, sondern auch in den Grenzstädten Waldshut und Lörrach für Unmut. Und der ist so gross, dass sich nun die Politik einschaltet. Peter Friedrich vertritt als Minister für den Bundesrat (Länderkammer), Europa und internationale Angelegenheiten die Belange Baden-Württembergs auf bundes- und europapolitischer Ebene in Berlin.

Der SPD-Politiker fordert den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble auf, eine Bagatellgrenze für die Rückerstattung der Mehrwertsteuer einzuführen. «Weil wir die Zahl der Ausfuhrbescheinigungen für Kleinkäufe einschränken wollen», begründet er den Vorstoss. Das spare Bürokratie. «Wir hätten eine Entlastung für den Zoll, für den Einzelhandel und auch für den grenzübergreifenden Verkehr.»

150 Beamte mit Abstempeln beschäftigt

Rund 16 Millionen Ausfuhrscheine mussten deutsche Zöllner im letzten Jahr an der Schweizer Grenze abfertigen. So viele wie nie zuvor. 150 Beamte sind inzwischen nur damit beschäftigt, die Belege der Einkaufstouristen abzustempeln. Für Minister Friedrich ein unhaltbarer Zustand.

Das sieht auch die deutsche Industrie-und Handelskammer Hochrhein-Bodensee (IHK) so. Doch ihr Lösungsansatz ist ein anderer, wie Hauptgeschäftsführer Claudius Marx erklärt: Schliesslich wolle man nicht den Vorteil aufgeben, der zu der Umsatzsteigerung durch die Schweizer Einkaufstouristen führe.

Die IHK schätzt, dass rund 6500 Arbeitsplätze in Süddeutschland direkt von den Umsätzen mit Schweizer Einkaufstouristen abhängen. Rund die Hälfte der Schweizer geben pro Einkauf in Deutschland weniger als 50 Euro aus. Diese würden bei der Einführung einer Bagatellgrenze wegbleiben, fürchtet er.

Entlastung durch automatisiertes Verfahren?

Das Problem sei denn auch nicht die Rückerstattung der Mehrwertsteuer für Kleinstbeträge. Das Problem sei das veraltete Verfahren, welches das Ausfüllen eines Formulars von Hand vorsehe. «Und das in Zeiten des Internets», wie Friedrich betont.

Deshalb arbeitet die IHK an einem vollautomatisierten elektronischen Verfahren. An der Kasse soll künftig ein Code ausgedruckt werden, der dann vom Zöllner nur noch eingescannt werden müsste. Die Zollverwaltung, der Einzelhandel und die Finanzverwaltung arbeiten derzeit an einer Lösung.

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