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«Das Geld ist dort wo die Leute wohnen und nicht dort wo sie es verdienen», sagt der Politikwissenschafter Sean Müller.
Aus Regionaljournal Ostschweiz vom 29.01.2020. Bild: Keystone
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Verwaltungseinheit Kanton «Das Überdenken von Kantonsgrenzen schadet nie»

Verlieren Kantone tatsächlich an Macht? Teilweise, sagt Sean Müller. Seit der Gründung der Schweiz wurde die Gesetzgebung sehr zentralisiert. Aber das Geld liegt nach wie vor bei den Kantonen.

Sean Müller

Sean Müller

Politikwissenschafter

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Sean Müller ist Doktor der Politikwissenschaft.

Er arbeitet am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern.

Er unterrichtet dort zudem die Themenbereiche «Einführung in die Schweizer Politik» und «Territorium und Macht in der Schweiz».

SRF News: Wieso scheint es bei der Spitäler-Diskussion im Kanton St. Gallen so schwer zu sein über die Kantonsgrenzen hinaus zu schauen? Liegt es daran, dass die Kantone ihr Geld nicht abgeben wollen?

Sean Müller: Ich glaube – auch. Aber der Hauptgrund liegt an einem anderen Ort. Man sieht in der Entwicklung, dass technische Bereiche, wie zum Beispiel die Luftwaffe, früh zentralisiert wurden. Alle sahen ein, dass es keinen Sinn macht, wenn jeder Kanton eine Luftwaffe hat. Eher weiche Bereiche, wie Kultur oder Bildung, sind nach wie vor dezentral. Der Gesundheitsbereich ist einerseits sehr technisch und andererseits sehr emotional. Solche Bereiche, die dazwischen liegen, lösen Debatten aus. Es gehört hier dazu, sich zu fragen, was die Aufgabe von wem ist. Die Aufteilung immer wieder zu hinterfragen, ist wichtig.

In der Ostschweiz taucht immer wieder der Vorschlag eines Grosskantons Säntis auf. Müsste man denn jetzt aktuell die Kantonseinteilungen überdenken?

Aus Forschersicht schadet ein Überdenken nicht. Das heisst ja nicht, dass man zur Einsicht gelangen muss, dass man fusionieren muss oder Gebiete verändern muss. Es ist gut sich Vor- und Nachteile zu überdenken und zu bewerten. Diese Regulierung vernachlässigt aber häufig die emotionale Seite. Je nachdem wen sie fragen, ist die Identifikation mit der Gemeinde oder mit dem Kanton unterschiedlich stark. Hier ist eine Vielfalt vorhanden. Nur auf Grund der Grösse zu entscheiden, das würden vielleicht Ökonominnen machen. Wir Politologinnen sind hier vorsichtiger und empfehlen Vor- und Nachteile zu diskutieren.

In ihrer Studie beziehen sie sich auf eine Zahl zur Mobilität: dreiviertel aller Leute wohnen im Geburtskanton. Diese Zahl hat sich seit den 60er Jahren kaum verändert. Wir pendeln doch – sind wir doch nicht so mobil?

Wenn wir dort wohnen, heisst das nicht, dass wir auch dort arbeiten. Wir können es uns erlauben nicht wegziehen zu müssen, sondern für die Arbeit auswärts zu gehen. Auch wegen der guten Verkehrsinfrastruktur. In einer halben Stunde ist man je nach Wohnort in einer grossen Stadt. Dort sind meist die gut bezahlten Arbeitsplätze.

Es wird so allerdings schwieriger unseren Lebensmittelpunkt zu bestimmen. Dort wo wir arbeiten oder dort wo wir schlafen.

Das wäre doch genau ein Grund, die Einteilung zu überdenken? Wo soll das Steuergeld hin – an den Wohn- oder den Arbeitskanton der Menschen?

Das Problem sind nicht die Kantonsgrenzen. Mittlerweile ist viel mehr «Stadt – Land» der grosse Gegensatz in der Schweiz. In den Städten wird Reichtum generiert. Der ganze politische Einfluss und das Geld sind aber dort, wo die Menschen wohnen und Steuern zahlen. Dies führt zu komplexen Finanzausgleichssystemen. Je nachdem kann man sich schon fragen, ob es nicht Sinn machen würde, ein einheitliches System für alle zu haben. Heisst, überall abzustimmen und überall Steuern zu zahlen.

Das Gespräch führte Maria Lorenzetti.

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