SRF News: Toni Göpfert, wenn Sie auf Ihre fast drei Jahrzehnte zurückschauen – hat sich das Amt des Stadtschreibers sehr verändert?
Toni Göpfert: Jein. Die ganzen strategischen und planerischen Fragen haben heute einen anderen Stellenwert. Der Stadtrat ist viel strategischer unterwegs. Das sieht man alleine an der Anzahl Beschlüsse. In den 90er-Jahren hatten wir pro Jahr 2500 bis 3000 Stadtratsbeschlüsse, heute sind es noch 800. Das heisst nicht, dass die Sitzungen kürzer wurden. Es wird einfach auf einer anderen Ebene diskutiert.
Ich musste, wenn es um politische, inhaltliche Fragen ging, absolut neutral sein.
Sie erlebten während Ihrer Amtszeit vier Stadtpräsidenten: Franz Kurzmeyer, Urs Studer, Stefan Roth und nun Beat Züsli. Welcher von ihnen machte es am besten?
Alle haben es auf ihre Art gut gemacht. Der eine hat da Vorteile, der andere dort.
Das ist eine sehr diplomatische Antwort. Muss man als Stadtschreiber Diplomat sein?
Ja, sicher. Als Stadtschreiber war ich zwar nahe an der Politik, aber in der zweiten Reihe. Das hat mir immer sehr behagt. Ich musste, wenn es um politische, inhaltliche Fragen ging, absolut neutral sein. Und das war ich auch.
Aber wenn man fast 30 Jahre im Amt ist und so viel Wissen mit sich trägt, bringt man das doch auch ein. Nimmt man dann nicht automatisch doch Einfluss?
Es heisst ja im Volksmund, der Stadtschreiber sei der sechste Stadtrat. Das stimmt insofern, dass ich immer bei den Sitzungen dabei war. Im Stadtratszimmer sitzen tatsächlich sechs Personen. Aber das ist rein formell. Und im formellen Bereich habe ich mich auch eingegeben, also wenn es um Rechtliches oder um Verfahrens- oder Parlamentsfragen ging. Aber sobald es um Politisches ging, nahm ich mich zurück. Ich war ja nicht vom Volk gewählt und trug auch die politische Verantwortung nicht. Von daher war meine Meinung auch nicht gefragt.
Als ich damals mit 36 Jahren als Stadtschreiber anfing, dachte ich nicht, dass ich hier pensioniert würde.
Was würden Sie als Höhepunkt in Ihrer Karriere bezeichnen?
Es gibt sicher verschiedene Höhepunkte. Ganz wichtig waren für mich die beiden Fusionen, zuerst mit der Bürgergemeinde, später dann mit Littau. Aber dann gab es auch ganz anderes: Das KKL zum Beispiel, der ganze Weg vom Abbruch des Meile-Baus bis zur Eröffnung des heutigen Nouvel-Hauses. Oder auch der Brand der Kapellbrücke und wie man dann entschied, sie möglichst schnell wieder aufzubauen. Das waren einschneidende Erlebnisse.
Sie sprechen hier auch sehr emotionale Momente an, die Sie begleiten konnten. Haben solche Erlebnisse Sie immer wieder angetrieben, diese Arbeit zu machen?
Auf jeden Fall. Als ich damals mit 36 Jahren als Stadtschreiber anfing, dachte ich nicht, dass ich hier pensioniert würde. Aber ich muss sagen: Das ist ein derart vielseitiger Job. Mir ist nie langweilig geworden.
Das Gespräch führte Beat Vogt