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An'Nur-Prozess in Winterthur Verteidiger fordern Freisprüche

Nach dem Plädoyer der Staatsanwältin sprachen die Verteidiger von einer Vorverurteilung ihrer Mandanten.

Der Prozess

Seit Montag stehen zehn Männer aus dem Umfeld der An'Nur Moschee vor dem Bezirksgericht Winterthur, unter ihnen auch der ehemalige Imam und der Vereinspräsident. Für den Prozess sind fünf Tage eingerechnet. Das Urteil wird Ende Oktober erwartet.

Die Vorwürfe

Die zehn Angeklagten sollen im November 2016 zwei Männer in der An'Nur Moschee festgehalten, misshandelt und massiv bedroht haben. Zuvor war eine Aufnahme eines Gottesdienstes den Medien zugespielt worden, was eine Razzia in der Moschee zur Folge hatte. Laut Anklage wurden die beiden «Verräter» bedroht und drangsaliert. Einer sei etwa gezwungen worden, eine Zehnernote zu schlucken. Dies, weil er «seine Religion für Geld verkauft habe.»

Das sagen die Beschuldigten

Die zehn Männer erzählen dieselbe Geschichte: Die Vorwürfe seien übertrieben, das meiste gelogen. «Niemand wurde geschlagen. Niemand wurde eingesperrt. Niemand wurde bedroht.» Stattdessen hätten sich die beiden angeblichen Opfer mit Journalisten und der Justiz zusammengetan. Mit diesem Prozess solle ein Zeichen gegen die «bösen Salafisten und Terroristen» gesetzt werden.

Während der Befragung betonten die Angeklagten, sie seien gut integriert. Die Geschädigten hätten ja gar keine Verletzungen, sagte ein Beschuldigter bei der Befragung in trotzigem Ton. Er habe die beiden nur angespuckt und als «Idiot» und «Dummkopf» beschimpft, mehr aber nicht. Auch der Imam beteuerte, dass es keine Bedrohung gegeben habe.

Audio
Der erste Prozesstag
aus Regionaljournal Zürich Schaffhausen vom 01.10.2018.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 59 Sekunden.

Das sagt die Staatsanwältin

Die Aussagen seien alle unglaubwürdig, sagte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer am Dienstag, dem zweiten Prozesstag. Es sei um Rache und Bestrafung gegangen. Als Mob mit aggressiver Gruppendynamik seien die Beschuldigten auf die beiden vermeintlichen «Verräter» losgegangen und hätten Selbstjustiz geübt.

Der Vereinspräsident und der Imam hätten in ihrer Funktion als Respektspersonen eigentlich die Gelegenheit gehabt, den Mob zu beruhigen. Dies hätten sie aber nicht getan. Stattdessen hätten sie ein Geständnis aus den Opfern herausgepresst.

Das sagen die Verteidiger

Die Verteidiger haben ihre Mandanten vor dem Bezirksgericht Winterthur als unbescholtene Bürger dargestellt. Sie seien keine Extremisten, sondern «ganz normale Muslime». Die ganze Anklage sei nichts als ein Lügengebäude.

So stellte einer der Verteidiger seinen Mandanten als normalen Jugendlichen mit guten Schulnoten dar, der nicht einmal wisse, was ein Salafist sei. Zwar habe er eines der angeblichen Opfer beleidigt und angespuckt, aber nicht verletzt.

Ein anderer sah seinen Mandanten als Opfer einer medialen Vorverurteilung. Die Beschuldigten würden als Radikale und Schläger dargestellt und als solche bereits verurteilt. Für den Angriff gebe es keine Beweise.

Die Anträge

Die Staatsanwaltschaft hat für die zehn Beschuldigten teilbedingte Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren verlangt. Ausserdem sollen die Ausländer unter ihnen für zehn Jahre des Landes verwiesen werden.

Die Verteidiger haben alle Freisprüche verlangt und teilweise Entschädigungen für die Untersuchungshaft.

Not-SMS aus der Toilette

Als Beweis für den Angriff dient der Anklage unter anderem das SMS, das eines der Opfer schliesslich von der Toilette aus an einen Polizisten senden konnte: «Urgent, please urgent! Moschee Winterthur, they kill my friend.» Eine Polizistin, die sich um die beiden Geschädigten kümmerte, gab zu Protokoll, dass sie noch nie so verängstigte Personen gesehen habe.

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