Das Wichtigste in Kürze
- Mit 88 zu 84 Stimmen stimmt der Zürcher Kantonsrat gegen das Obligatorium.
- Der Entscheid ist noch nicht ganz definitiv, er dürfte aber in der zweiten Lesung bestätigt werden.
- Seit 2010 mussten Halter von grossen und massigen Hunden einen praktischen Kurs absolvieren.
- Die Kurspflicht war die politische Reaktion auf einen tragischen Vorfall 2005. Damals bissen drei Pitbulls einen Sechsjährigen auf dem Weg in den Kindergarten tot.
Die Debatte im Kantonsrat
Am liebsten hätte BDP-Kantonsrat Rico Brazerol zwölf Hunde im Ratssaal herumlaufen lassen. Um seinen Ratskollegen zu demonstrieren, was es heisst, wenn nicht mehr sicher ist, ob die Hunde eine minimale Erziehung genossen haben.
Ich hätte mich diebisch gefreut über die überraschten und ängstlichen Gesichter.
Hundekurse seien wichtig, für die Tiere aber auch die Halter, betonten Vertreterinnen und Vertreter von Links- und Mitteparteien. In den Kursen würden die Hunde Benimm lernen, die Besitzer würden ihre Verantwortung wahrnehmen.
Dies sahen FDP, SVP und CVP anders. Für manche Hundehalter seien die Kurse nicht mehr als eine lästige Pflicht, war Thomas Mischol (SVP) überzeugt. Sie würden nichts bringen, argumentierte Josef Wydler (CVP). Die Bissverletzungen hätten nicht abgenommen, das Obligatorium habe sein Ziel verfehlt.
Sürmel und Glünggi unter den Hundehaltern werden mit den Kursen nicht erreicht.
Die Hundehalter und auch die Bevölkerung würden die Kurse nützlich finden, appellierte hingegen Regierungsrat Thomas Heiniger ans Parlament – doch sein Aufruf verhallte. SVP, FDP und CVP setzten sich knapp gegen alle anderen Parteien durch.
Gemischte Gefühle beim Hundeverband
Der kantonale Hundeverband kann mit dem Entscheid leben. Hans Graf, Präsident des Zürcher Hundeverbandes, hatte sich zwar für den Erhalt des Obligatoriums eingesetzt. Für alle Hunde, egal wie gross und massig sie sind.
Allerdings findet auch Graf, der Kurs in seiner jetzigen Form könne sein eigentliches Ziel – Biss-Attacken verhindern – nicht erfüllen: «Die Einführung der Pflicht-Kurse war ein Schnellschuss nach dem tragischen Vorfall 2005. Solche Ereignisse lassen sich damit nicht unterbinden.» Tatsächlich zeigen die Zahlen des kantonalen Veterinäramtes: Die Zahl der Vorfälle mit Menschen ist von 543 im Jahr 2010 auf über 700 im Jahr 2016 gestiegen.
Hundetrainer fordert mehr Entscheidungsmacht
Um diese Zahl zu senken, wäre eine Verschärfung des Kurses nötig gewesen, ist Andreas Raissle überzeugt. Er trainiert seit bald 30 Jahren Hunde und führte in den vergangenen sieben Jahren solche Kurse durch: «Wir Hundetrainer hatten zu wenig Kompetenzen. Wenn wir einen Halter gemeldet haben, passierte zu wenig.»
Die schwarzen Schafe unter den Besitzern hätten den Kurs einfach abgesessen und seien dann mit dem Zertifikat nach Hause gegangen, so Raissle. Eine Prüfung am Ende des Kurses gab es keine.
Kampfhunde bleiben verboten
Einig sind sich Raissle und Graf in einem anderen Punkt: Zürich habe auch ohne die Kurs-Pflicht eines der schärfsten Hundegesetze in der Schweiz. So bleiben Kampfhunde weiterhin verboten.
Auf nationaler Ebene wurde 2008 ein Theorie-Kurs als Pflicht für Hundehalter eingeführt. Da dieser jedoch keine Wirkung zeigte, wurde er auf das Jahr 2017 wieder gestrichen.