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Zürich Schaffhausen Ein dunkles Kapitel des Kinderspitals

Kinder ohne eindeutiges Geschlecht wurden am Kinderspital Zürich in der Vergangenheit medikamentös oder operativ einem Geschlecht angeglichen. Diese Praxis geriet immer heftiger in die Kritik. Das Kinderspital will nun seine eigene Geschichte dazu aufarbeiten.

Jedes Jahr kommen in der Schweiz etwa 40 Kinder auf die Welt, die sich keinem eindeutigen Geschlecht zuordnen lassen. Eine genaue Statistik führt der Bund nicht.

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Interview mit Rita Goblet, Urologin am Kinderspital Zürich (10.10.16)
05:14 min
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Lange war es allgemeine Praxis, diese Kinder so schnell wie möglich einem eindeutigen Geschlecht zuzuweisen, auch am Kinderspital in Zürich. In vielen Fällen wurden aus intersexuellen Kindern Mädchen gemacht, weil die nötigen Eingriffe dazu einfacher auszuführen waren. Heute hat das Kinderspital dazu eine andere Haltung: «Es sind Fehler passiert in der damaligen Zeit», räumt Rita Goblet ein, sie ist Urologin am Kinderspital Zürich. Ausserdem wolle man verstehen, warum diese Fehler passiert seien. Eine Aufarbeitung sei deshalb nötig.

In der Vergangenheit sind Fehler passiert.
Autor: Rita Goblet Urologin Kinderspital Zürich

Man sei früher davon ausgegangen, dass man durch medizinische oder chirurgische Eingriffe bestimmen könne, ob sich ein Kind als Bub oder Mädchen entwickle, sagt Goblet weiter. «Es hat sich herausgestellt, das dem nicht so ist.»

Das Leiden der Betroffenen

Heute ist bekannt, dass diese Eingriffe teils schwere psychische und körperliche Belastungen zur Folgen hatten. Ein interdisziplinäres Forscherteam des Kinderspitals und des Lehrstuhls für Medizingeschichte der Universität Zürich wird nun untersuchen, wie das Kinderspital Zürich von 1945 bis 1970 mit Fällen von Kindern umgegangen ist, die intersexuell geboren wurden.

Die Rolle des Kinderspitals

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Seit den 1950er Jahren galt das Zürcher Kinderspital als eine der führenden Institutionen für die Erforschung und Behandlung des Phänomens, das oft als Intersexualität bezeichnet wird. Das Spital besitzt aus dieser Zeit eine Sammlung an Dokumenten, die als Grundlage für die medizinhistorische Aufarbeitung dienen kann.

In der Untersuchung soll sowohl die Sichtweise der Betroffenen als auch der behandelnden Mediziner berücksichtigt werden. Der Schweizerische Nationalfonds unterstützt die Forschenden mit 500'000 Franken während zwei Jahren.

«Das Leben ist nicht schwarz-weiss»

Inzwischen hat das Kinderspital dazu gelernt: Heute wird jeder Fall von Intersexualität einzeln angeschaut. Nicht ein einzelner Arzt entscheidet, was mit einem solchen Kind geschieht. «Heute gibt es eine grosse interdisziplinäre Arbeitsgruppe in einem solchen Fall», bestätigt Goblet. Sie besteht aus Ärzten, Ethikerinnen, Psychologen oder Psychiaterinnen. Zusammen mit den Eltern wird dann nach der besten Lösung für das Kind gesucht.

Auch heute kann das immer noch bedeuten, dass ein Kind operiert wird, sagt Goblet: «Gar nichts mehr zu unternehmen würde heissen, dass man den Betroffenen Behandlungen verweigert, die ihr Leben und das Aufwachsen erleichtern.» Und: «Das Leben ist nicht schwarz-weiss.»

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