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«Ein unglaublicher Vorgang» Diese Zürcherinnen haben 1918 europaweit Geschichte geschrieben

Rosa Gutknecht und Elise Pfister wurden vor 100 Jahren zu Pfarrerinnen ernannt. Eine Spurensuche in Zürich.

Die erste Station auf dem Rundgang mit Barbara Hutzl-Ronge ist die Kirche St. Peter. Hier wurden am 27. Oktober 1918 Rosa Gutknecht und Elise Pfister als Pfarrerinnen ordiniert.

Die Kirche St. Peter mit dem Zifferturm.

Die Kirche sei damals voll gewesen bis auf den letzten Platz, erzählt Barbara Hutzl-Ronge. Die Menschen wollten dem historischen Moment beiwohnen, als die Frauen in der Kirche nicht mehr schweigen wollten. Noch nie hatte eine Frau als Pfarrerin gepredigt. Nicht in Zürich, nicht in der Schweiz und nicht in Europa.

Audio
Ein Stadtrundgang auf den Spuren der Pfarrerinnen
aus Regionaljournal Zürich Schaffhausen vom 26.10.2018.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 52 Sekunden.

«Schon allein, dass die Frauen Theologie studieren durften, war ein ungeheuerlicher Vorgang», so die freischaffende Autorin Barbara Hutzl-Ronge. In acht Semestern hätten Gutknecht und Pfister ihr Studium durchgepaukt. Abschluss: summa cum laude.

Regierungsräte legen Veto ein

Rosa Gutknecht trat ihre erste Stelle im Grossmünster an – der nächsten Station auf unserem Rundgang. Doch die Vorfreude, dass zum ersten Mal eine Frau von der Kanzel zur Gemeinde spricht, währte nur kurz.

Der Blick von oben auf das Grossmünster mit seinen beiden Türmen. Im Hintergrund fliesst die Limmat vorbei.
Legende: Keystone

Der Zürcher Regierungsrat stellte sich gegen die Anstellung Gutknechts. Ohne das Frauenstimmrecht, ohne dass eine Frau nicht in ein öffentliches Amt gewählt werden konnte, durfte sie auch kein Pfarramt übernehmen.

Statt als Pfarrerin arbeitete Rosa Gutknecht schliesslich als Pfarrhelferin. Trotz dieser Enttäuschung habe sich Gutknecht stark engagiert und sich eine Nische gesucht, so Hutzl-Ronge: «Rosa Gutknecht hat sich für die Arbeiterfamilien eingesetzt. Sie standen Schlange vor ihrem Büro im Grossmünster.»

Bevölkerung pfeift auf Regierungsrat und Bundesgericht

Auch Elise Pfister war offiziell nur Pfarrhelferin. Sie wirkte im Riesbachquartier an der Neumünsterallee – wo damals beispielsweise die wohlhabende Familie von Muralt wohnte. In der Kirche Neumünster fand Pfister ihren Platz.

Die Kirche Neumünster mit dem spitzen Turm und dem goldenen Kreuz obendrauf.

Die Gemeinde war begeistert von Elise Pfister. Die fortschrittliche Quartiergemeinde reizte die legalen Mittel aus. Sogar nach einem, aus ihrer Sicht, negativen Entscheid des Bundesgerichts.

Diese liberale Haltung beschreibt Barbara Hutzl-Ronge: «Die Gemeinde hat ihrer Pfarrhelferin in Eigenregie sämtliche Aufgaben zugeteilt: Elise Pfister hat gepredigt, Kinder getauft, Ehen gesegnet. Kurz: Sie hat gearbeitet wie eine reguläre Pfarrerin.»

Und wie ist es heute?

Heute ist es in der reformierten Kirche unbestritten, dass Frauen als Pfarrerinnen arbeiten. Jeder dritte Pfarrer im Kanton Zürich ist eine Pfarrerin.

Zwei ältere Frauen auf einem schwarzweissen Foto blicken an der Kamera vorbei.
Legende: Europaweit die ersten: Rosa Gutknecht (links) und Elise Pfister brachen das Schweigen der Frauen in der Kirche. zvg (Reformierte Kirche Zürich)

Offiziell erlaubt ist das erst seit einer Gesetzesänderung im Jahr 1963. Weder Elise Pfister, die nach 25 Jahren in der Neumünster-Kirche 1944 verstarb, noch Rosa Gutknecht, die bis zu ihrer Pension im Grossmünster arbeitete und 1959 aus dem Leben schied, haben das miterlebt. Aber mit ihrem Schaffen haben die Pionierinnen einen wichtigen Beitrag zur Gleichberechtigung in der reformierten Kirche geleistet.

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