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Einblicke in die Redaktionssitzungen
Aus Regionaljournal Zürich Schaffhausen vom 14.02.2019. Bild: SRF
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Ganz links und ganz rechts Zwei Zürcher Parteiblätter feiern ihr Jubiläum

Zwei gegensätzliche Zeitungen, die eines verbindet: Das linke «P.S.» und die rechte «Schweizerzeit» haben überlebt.

Donnerstagnachmittag in der Nähe des Zürcher Hardplatzes. Die Redaktion des «P.S.» trifft sich zur Sitzung. Chefredaktorin Min Li Marti bespricht mit der Gemeinderatsreporterin und dem Kulturredaktor die Themen der nächsten Woche. Was sie als erstes angehen wollen: eine Legislaturbilanz der Zürcher SP.

Das ist ganz nach dem Geschmack der Leserschaft aus der linken Ecke. «Die Mehrheit unserer Leserinnen und Leser sind Mitglieder bei der SP, den Grünen oder der Alternativen Liste», sagt Min Li Marti. Sie selber sitzt neben ihrer Tätigkeit bei der Zeitung für die Zürcher Sozialdemokraten im Nationalrat.

Eine Frau mit schwarzen Haaren steht vor eingerahmten Ausgaben ihrer Zeitung "p.s.".
Legende: SRF

Das «P.S.» war aber schon vor ihrer Zeit in der Hand von SP-Vertretern. Gegründet hat die Zeitung der damalige Präsident der Stadtzürcher SP, Koni Loepfe, im Jahr 1999. Bis heute schreibt Loepfe für das Blatt – auch wenn er die Zeitung vor vier Jahren an Min Li Marti verkauft hat. Der Preis, den Marti bezahlen musste: eine Tasse Kaffee.

Spendenaktion zum Überleben

Aber auch wenn stets SP-Politiker die Fäden der Zeitung in der Hand hatten, ist das «P.S.» keine Parteizeitung. Es sei finanziell unabhängig von der Partei und lasse sich auch inhaltlich nicht beeinflussen, so Min Li Marti: «Auch bürgerliche oder Mitte-Politiker lesen uns. Weil sie merken, dass wir fundierte Ahnung haben von Politik.» Es sei jedoch schwierig, Leute von einem Abonnement zu überzeugen. «Viele sagen uns, sie bezahlten ja schon den SP-Parteibeitrag», so Marti.

Dabei könnte die Zeitung mehr zahlende Leserinnen und Leser brauchen. Mit 7000 Exemplaren ist die Auflage nicht sehr hoch. Geldnot plagt die Redaktion. Und sie startete schon mehr als eine Spendenaktion, um über die Runden zu kommen.

Das rechte Gegengewicht

Das Pendant auf der rechten Seite ist in Flaach im Zürcher Weinland beheimatet. Und hat schon doppelt so viele Jahre auf dem Buckel. Die «Schweizerzeit» feiert 2019 ihr vierzigjähriges Bestehen. Gründer und bis heute Chefredaktor ist der frühere SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer.

Auch nach vier Jahrzehnten brauche es sein Blatt, ist Schlüer überzeugt: «Heute lesen Sie in jeder Zeitung dasselbe. Wir bieten da einen Gegenstandpunkt.»

Ein Mann mit Brille und Halbglatze steht vor einem grossen Banner mit der Aufschrift "Schweizerzeit".
Legende: SRF

Neben Schlüer schreiben mit dem Aargauer Nationalrat Andreas Glarner oder dem früheren Nationalrat Hans Fehr aus Zürich weitere prominente SVP-Vertreter für die «Schweizerzeit». Sie setzten sich ein für Werte wie Unabhängigkeit, Föderalismus und Freiheit.

Die Titelgeschichten zu Themen wie Ausländerkriminalität, Sozialmissbrauch oder Zuwanderung flattern in 14'000 Briefkästen. Natürlich stünden die meisten der Leserinnen und Leser der SVP nahe, räumt Ulrich Schlüer ein.

Deutlichkeit bis an die Schmerzgrenze

Aber wie für das «P.S.» gelte auch für die «Schweizerzeit», es sei kein Parteiblatt: «Zwar gibt es SVP-Exponenten, die Aktien der Schweizerzeit-Verlags AG besitzen. Aber niemand hat nur annähernd eine Mehrheit. Es war immer unser Anspruch, unabhängig zu bleiben.»

In ihren Texten findet die Zeitung klare Worte. Es sind unzimperliche Artikel, bis an die Schmerzgrenze. Mehr als einmal wurde Schlüer angeklagt, weil er gegen das Antirassismusgesetz verstossen habe. Verurteilt wurde er aber nie.

«Dinosaurier bringen mehr Aroma in die Diskussion»

Dass diese beiden Zeitungen mit einer grossen parteipolitischen Nähe bis heute überlebt haben, sei eigentlich überraschend. Dieses Urteil fällt Publizisit Karl Lüönd, profunder Kenner der Schweizer Medienszene: «Im 19. Jahrhundert war es Aufgabe der Zeitungen, Parolen zu verbreiten und die Gefolgschaft zu organisieren.» Diese Funktion sei in der heutigen Medienszene eigentlich obsolet.

Und dennoch begrüsst es Lüönd, dass sich die beiden Blätter gehalten haben: «Diese Dinosaurier bringen mehr Aroma in die öffentliche Debatte. Sie publizieren auch häufig kluge und bemerkenswerte Beiträge.» Er hoffe, dass die beiden Zeitungen in der heutigen Zeitungslandschaft überleben. Und die Zeichen dafür stehen gut. Die «Schweizerzeit» schreibt gemäss Schlüer seit Jahren schwarze Zahlen. Und auch das «P.S.» habe derzeit genug Geld auf der Seite, dass es dieses Jahr sein 20. Jubiläum feiern kann – ohne neue Spendenaktion.

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