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«Die Drogenpolitik muss angepasst werden»
Aus Regionaljournal Zürich Schaffhausen vom 16.02.2020. Bild: srf
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Wochengast Thilo Beck: «Der Staat soll alle Drogen regulieren»

Die ärztlich kontrollierte Heroinabgabe war ein entscheidender Faktor, dass die Schliessung der offenen Drogenszene am Letten 1995 klappte. Thilo Beck begann zwei Jahre nach der Schliessung im Zentrum für Suchtmedizin, Arud, zu arbeiten. Warum braucht es die ärztlich kontrollierte Heroinabgabe auch heute noch? Wie hat sich der Drogenkonsum geändert und wo steht heute die Drogenpolitik? Thilo Beck gibt Antworten als «Regionaljournal»-Wochengast.

Thilo Beck

Thilo Beck

Chefarzt Psychiatrie Arud

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Die Arud (Arbeitsgemeinschaft für risikoarmen Umgang mit Drogen) in Zürich ist das grösste Ambulatorium für Suchtmedizin in der Schweiz. Neben seiner Tätigkeit bei der Arud ist Beck auch im Vorstand der Schweizerischen Gesellschaft für Suchtmedizin.

SRF News: Mit der Schliessung der offenen Drogenszene am Letten vor 25 Jahren ist das Drogenelend verschwunden. Wo sind die Drogenkranken heute?

Thilo Beck: Viele Drogenkranke von der Generation Platzspitz und Letten sind auch heute noch schwerst abhängig. Aber sie können ihren Stoff unter Aufsicht und unter hygienischen Bedingungen konsumieren, entweder bei den Kontakt- und Anlaufstellen der Stadt oder bei Arud. Dank der ärztlichen Versorgung stürzen sie nicht erneut ins Elend ab. Einige haben es dank der ärztlich kontrollierten Heroinabgabe auch geschafft, sich wieder zu integrieren. Sie beziehen ihren Stoff und gehen ganz normal einer Arbeit nach. Die Heroinabgabe oder der Heroinersatz, das Methadon, das braucht es auch heute noch. Allein in der Stadt Zürich sind schätzungsweise 1000 Frauen und Männer darauf angewiesen. Allerdings gibt es kaum noch neue Einsteiger.

Wie hat sich der Drogenkonsum verändert?

Das Heroin war eine Droge, um gegen die Gesellschaft zu rebellieren, um auszusteigen. Das ist heute nicht mehr aktuell. Heute sind Kokain und Amphetamine angesagt, Partydrogen, welche die Leistung steigern. Auch der Konsum hat sich geändert. Die Drogen werden vor allem während der Freizeit konsumiert und das quer durch alle Gesellschaftsschichten: vom Manager zum Bankangstellten bis hin zum Bauarbeiter. Weit verbreitet ist nach wie vor auch Cannabis.

Inwiefern ist die Drogenpolitik noch aktuell? Müsste sie nicht den heutigen Bedürfnissen angepasst werden?

Ja, das ist dringend nötig. Die ärztlich kontrollierte Heroinabgabe war ein sehr guter Anfang. Aber die Dorgenpolitik ist stehengeblieben. Es ist eine Tatsache, dass harte Drogen konsumiert werden. Heute sind es andere als damals vor 25 Jahren. Ich plädiere deshalb dafür, dass alle Drogen staatlich reguliert werden. Ich spreche bewusst nicht von legalisieren, weil das falsche Vorstellungen weckt. Es geht nicht darum, dass harte Drogen sozusagen frei und überall erhältlich sind. Aber mit einer staatlichen Regulierung würde der Staat die Regeln bestimmen, wann, wer, welche Drogen konsumieren darf. Es wäre ganz ähnlich wie beim Alkohol. Und es würden verbindliche Rechtsgrundlagen geschaffen.

Nachteile sehen Sie bei einer staatlichen Regulierung nicht?

Ich kann mit Überzeugung sagen, nein, ich sehe keine Nachteile. Jede Variante, die den Schwarzmarkt ersetzt, ist die bessere Variante. Bei einer staatlichen Regulierung profitieren alle Beteiligten. Die Drogen wären nicht mehr illegal und sie wären wissenschaftlich kontrolliert. Die Konsumentinnen und Konsumenten könnten besser entscheiden, welche Drogen sie konsumieren wollen, sie wüssten, wie die Drogen zusammengesetzt und wie stark sie sind. Und auch der Staat könnte profitieren. Er könnte Steuern erheben und das Geld wieder investieren, zum Beispiel in therapeutische Massnahmen.

Das Gespräch führte Margrith Meier und ist ganz oben im Artikel in voller Länge zum Nachhören bereit.

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