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Berufsverbot für Pädophile Trotz Kritik der Initianten: Härtefallklausel setzt sich durch

In besonders leichten Fällen soll der Richter auf die Verhängung eines Tätigkeitsverbots verzichten können. Einmal ausgesprochen, soll das Verbot aber lebenslänglich gelten – ohne Ausnahmen.

Darum geht es: Mit wuchtigen 63 Prozent haben Volk und Stände vor drei Jahren die Pädophilen-Initiative angenommen. Der neue Verfassungsartikel bestimmt, dass einschlägig vorbestrafte Sexualstraftäter nie mehr mit Minderjährigen oder Abhängigen arbeiten dürfen. Bei einer wortgetreuen Umsetzung dürfte ein Richter die Umstände des Einzelfalls nicht mehr berücksichtigen.

Einige Räte sehen durch den Automatismus rechtsstaatliche Prinzipien verletzt. Andere wollen die Initiative «pfefferscharf» umsetzen, um dem Volkswillen gerecht zu werden. Ähnliche Diskussionen gab es in den letzten Jahren bereits bei der Umsetzung der Verwahrungs-, Ausschaffungs- oder der Zuwanderungsinitiative.

Die Härtefallklausel: In der Herbstsession hatte sich der Ständerat dafür ausgesprochen, dass Richter auf die Verhängung eines Berufs- oder Tätigkeitsverbots verzichten können, wenn ein Delikt «besonders leicht» war. Damit ging der Ständerat auf Konfrontationskurs zu den Initianten.

Die zuständige Nationalratskommission folgte in der Frage dem Ständerat. Sie schloss sich der kleinen Kammer auch darin an, dass einmal verhängte Tätigkeitsverbote nicht mehr rückgängig gemacht werden dürfen. Das entspricht wiederum dem Wortlaut der Initiative.

Das wurde entschieden: Im Nationalrat setzte sich nun dieser Mittelweg bei der Umsetzung der Initiative durch. Die Härtefallklausel wurde im Rat deutlich angenommen – gegen den Widerstand von SVP und BDP. Die nachträgliche Überprüfung von Tätigkeitsverboten wurde dagegen abgelehnt.

Die Debatte im Nationalrat: «Einmal mehr steht das Parlament vor dem Dilemma, dass es nicht möglich sein wird, die neue Verfassungsbestimmung umzusetzen, ohne andere Rechtsgrundsätze zu verletzen», sagte Alexander Tschäppät (SP/BE). Bei einer sanften Umsetzung der Initiative sei der Vorwurf vorprogrammiert, der Volkswillen würde missachtet.

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Tschäppät: «Das Parlament steht vor einem Dilemma»
Aus News-Clip vom 04.12.2017.
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Es müsse aber möglich sein, Bagatellfälle vom lebenslangen Berufsverbot auszunehmen, um ein «Minimum an Verhältnismässigkeit» zu gewährleisten, so Tschäppät. Opfer müssten geschützt, Täter bestraft werden, fand die Berner FDP-Nationalrätin Christa Markwalder: «Automatismen sind aber aus rechtsstaatlicher Sicht problematisch.»

Die Verhältnismässigkeit sei mit dem Strafurteil gegeben, erwiderte Bernhard Guhl (BDP/AG). Insbesondere Natalie Rickli (SVP/ZH) bekämpfte die Härtefallklausel im Rat. Zufrieden zeigte sie sich damit, dass sich der Ständerat gegen eine Überprüfung von Tätigkeitsverboten ausgesprochen hat.

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Rickli: «Würden Sie ihr Kind zu so einem Lehrer schicken?»
Aus News-Clip vom 04.12.2017.
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Alle wüssten, dass Pädophilie nicht heilbar sei, meinte Rickli: «Es gibt keinen einzigen Grund, weshalb ein Täter, der wegen sexueller Handlungen mit Kindern oder Abhängigen verurteilt worden ist, wieder mit solchen arbeiten können soll.»

Das sagt der Bundesrat: Simonetta Sommaruga sprach sich in der Debatte für die Härtefallklausel aus. Die Initianten hätten schon vor der Abstimmung gesagt, dass die Initiative nicht wörtlich umzusetzen sei – etwa, wenn es um die Jugendliebe gehe: «Ausnahmen sind also vorgesehen.»

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Sommaruga: «Solche Fälle werden bestraft»
Aus News-Clip vom 04.12.2017.
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Die Justizministerin plädierte weiter dafür, dass Tätigkeitsverbote nach zehn Jahren überprüft werden können. Es sei denn, es handle sich um einen Fall von klinisch diagnostizierter Pädophilie: «In diesen Fällen sieht der Bundesrat zwingend ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot vor, auch wenn immer wieder das Gegenteil behauptet wird.»

So geht es weiter: Das Geschäft geht zurück an den Ständerat. Die umstrittensten Fragen zwischen den beiden Kammern sind nach der heutigen Debatte geklärt. In der Frage, welche Delikte zu einem Tätigkeitsverbot führen sollen, sind sich die Räte aber noch nicht einig.

Es handelt sich vor allem um schwere Sexualstraftaten wie sexuelle Handlungen mit Minderjährigen, Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung. Der Ständerat hat jedoch leichtere Straftaten wie Exhibitionismus und sexuelle Belästigung, aber auch den Konsum von Kinderpornografie aus dem Deliktkatalog gestrichen.

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