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Erbschaftssteuer-Initiative Was ist mit den reichen Pauschalbesteuerten?

Der Bundesrat klammert bei seinen Schätzungen zum möglichen Ertrag aus der Erbschaftssteuer die Vermögen der Pauschalbesteuerten aus. Die Befürworter der Erbschaftssteuer-Initiative kritisieren das und verlangen eine transparente Schätzung.

Rund 2500 Vermögende wären von der Erbschaftssteuer-Initiative betroffen, sagt der Bundesrat. Allerdings klammert er eine spezielle und speziell reiche Personengruppe aus: die rund 4000 Pauschalbesteuerten. Dieser Sonderstatus steht vermögenden Ausländerinnen und Ausländern offen. Sie werden nicht nach ihren tatsächlichen Vermögen besteuert, sondern aufgrund ihrer Lebenshaltungskosten in der Schweiz. Bedingung ist, dass sie hierzulande nicht arbeiten.

Niemand weiss, wie reich Pauschalbesteuerte wirklich sind

Auch Pauschalbesteuerte müssten bei einem Ja zur Initiative eine Erbschaftssteuer von 50 Prozent auf Vermögen über 50 Millionen Franken zahlen. Das bestätigt das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD). Weshalb aber tauchen sie in den Schätzungen des Bundesrats zu den möglichen Einnahmen nicht auf? Die Antwort: Weil niemand weiss, wie hoch die Vermögen der Pauschalbesteuerten genau sind. Bislang müssen sie ihre Vermögen nicht offenlegen.

Im Vordergrund Champagner-Flaschen, im Hintergrund Menschen, die sich unterhalten.
Legende: Das jährliche Pferderennsport-Event «White Turf» in St. Moritz zieht regelmässig Vermögende an: Manche von ihnen wären von der Erbschaftssteuer-Initiative betroffen. Keystone / Christian Beutler

Es gibt Schätzungen: Eine Studie von zwei ETH-Forschenden stützt sich auf die jährliche Bilanz-Liste der 300 reichsten Personen in der Schweiz. Demnach sind 60 Prozent der Vermögen der 300 Reichsten im Besitz von Menschen, die im Ausland geboren wurden – das wären rund 500 Milliarden Franken.

Wermuth: Pauschalbesteuerte müssen in Rechnung einfliessen

Für SP-Co-Präsident Cédric Wermuth ist klar: Das Weglassen der Pauschalbesteuerten verfälscht das Bild. Wermuth unterstellt dem EFD eine Tendenz zur Dramatisierung.

Er erwarte, dass man bei Lücken in den Daten mit transparenten, konservativen Szenarien arbeite. «Ich bin überzeugt, dass der Einbezug der Pauschalbesteuerten spürbare Mehreinnahmen bringen würde», so Wermuth.

Finanzdepartement glaubt nicht an Mehreinnahmen

Diametral anders sieht es das Finanzdepartement von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter: Theoretisch vergrösserten sich mit den Pauschalbesteuerten zwar die möglichen Steuereinnahmen. Doch diese Personen seien wegen der günstigen Rahmenbedingungen in die Schweiz gezogen und sehr mobil. Es sei deshalb wenig plausibel, dass sie bei einem Ja in der Schweiz bleiben würden.

Das EFD erwartet auch mit Berücksichtigung der Pauschalbesteuerten unter dem Strich sinkende Steuereinnahmen bei einem Ja – weil Reiche wegzögen und damit gar keine Steuern mehr in der Schweiz zahlen würden. SP-Co-Präsident Wermuth hingegen geht davon aus, dass der Nettoeffekt positiv bleibt – selbst wenn einzelne sehr Vermögende abwandern würden.

Forscher sieht es nuanciert

Marius Brülhart, Wirtschaftsprofessor an der Uni Lausanne, stellt fest: Möglicherweise werde das Steuersubstrat stark unterschätzt, wenn man Pauschalbesteuerte nicht in die Schätzung einbeziehe. Seine Betrachtung ist nuanciert. Wie der Bundesrat erwartet auch er, dass viele Pauschalbesteuerte wegziehen würden bei einem Ja. Allerdings führe dies anders als bei normal besteuerten Reichen zu weniger Steuereinbussen – schlicht, weil Pauschalbesteuerte wenig Steuern bezahlen (siehe Tabelle unten).

Vereinfacht gesagt: Der Wegzug von Pauschalbesteuerten bei einem Ja würde kein Loch in die Staatskasse reissen. Pauschalbesteuerte hingegen, die bei einem Ja in der Schweiz bleiben, müssten beträchtliche Erbschaftssteuern zahlen.

Echo der Zeit, 13.10.2025, 18 Uhr; sten

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