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Freispruch in Lausanner Polizisten-Prozess
Aus Schweiz aktuell vom 22.06.2023.
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«Fall Mike» in Lausanne Lausanner Gericht spricht sechs Polizisten frei

  • Sechs Lausanner Polizisten sind vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen worden.
  • Beim Fall geht es um Mike Ben Peter, der bei einer Festnahme im Jahre 2018 ums Leben kam.
  • Laut dem Urteil des Lausanner Strafgerichts haben die Beamten verhältnismässig reagiert.

Die Richter folgten damit der Staatsanwaltschaft, welche die Anklage im Verlauf des vier Tage dauernden Prozesses in einer spektakulären Kehrtwende selbst fallen gelassen hatte. Sie verwiesen bei ihrem Urteil insbesondere auf die gerichtsmedizinischen Gutachten. Diese stellten fest, dass es unmöglich sei, mit Sicherheit zu sagen, dass Mike Ben Peter aufgrund des Polizeieinsatzes und primär aufgrund des Festhaltens in Bauchlage gestorben sei.

«Das Gericht kann nicht von den forensischen Gutachten abweichen», sagte Gerichtspräsident Pierre Bruttin. Der Herzkreislaufstillstand sei demnach unabhängig davon eingetreten, wie Mike Ben Peter positioniert wurde.

Nicht gegen Sorgfaltspflicht verstossen

Das Gericht kam auch zum Schluss, dass die Polizisten nicht gegen ihre Sorgfaltspflicht verstossen hatten. In diesem Punkt wich es von der Staatsanwaltschaft ab, die der Ansicht war, dass die Polizisten Mike Ben Peter zu lange in Bauchlage festgehalten hatten.

So hat der SRF-Korrespondent den Prozess wahrgenommen

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Das Urteil sei so erwartet worden, nachdem der zuständige Staatsanwalt die Anklage am vergangenen Montag fallengelassen habe mit der gleichen Begründung, sagt SRF-Westschweizkorrespondent Andreas Stüdli. «Das Gericht wertet den Tod bei der Festnahme wegen Verdachts auf Drogenhandel einfach als tragisches Drama.» Die angeklagten Polizisten und ihre Angehörigen hätten bei der Urteilsverkündung aufgeatmet. «Die Witwe des verstorbenen Mike Ben Peter hat das Gericht gefasst verlassen», berichtet Stüdli.

Ganz anders reagiert haben die rund 50 Aktivistinnen und Aktivisten der «Black Lives Matter»-Bewegung. «Sie haben den Gerichtssaal vorzeitig verlassen, nachdem das Wort ‹Freispruch› gefallen war. Sie riefen laut ‹Schande›, ‹Skandal›.» Die Urteilsverkündung habe deswegen kurz unterbrochen werden müssen, so der SRF-Korrespondent.

«Der Gerichtspräsident hat bei der Urteilsverkündung betont, dass dies kein Prozess gegen die Institution Polizei oder wegen strukturellem Rassismus unter Polizisten sei.» Es würden einzig die Fakten dieses Polizeieinsatzes beurteilt, habe er laut Stüdli argumentiert. «Trotzdem war das Thema Rassismus allgegenwärtig in diesem Prozess.» Das habe etwa der Protest am Gericht gezeigt.

Der Anwalt der Familie des Opfers, Simon Ntah, hatte seinerseits eine Verurteilung gefordert. Seiner Meinung nach haben die Polizisten bei der Festnahme unverhältnismässig viel Gewalt angewendet.

Männer stehen mit Bannern vor einem Gebäude. Auf einem Banner steht «Justice 4 Mike».
Legende: Unterstützer von Mike Ben Peter protestierten vor dem Strafgericht in Renens bei Lausanne. KEYSTONE/Jean-Christophe Bott

Die Verkündung des Urteils führte zu heftigen Reaktionen. «Schande» oder «Komplizenschaft der Justiz» riefen einige Personen im kantonalen Gerichtssaal. Auch ausserhalb des Gerichtsgebäudes, wo sich mindestens 80 Personen versammelt hatten, wurden Buhrufe und polizeifeindliche Slogans laut.

Die Witwe von Mike Ben Peter und sein Bruder, die bei der Urteilsverkündung anwesend waren, wurden beim Verlassen des Gerichtsgebäudes mit Applaus bedacht. «Das ist nicht fair. Ich werde Gerechtigkeit für meinen Mann erwirken. Ich bin eine Löwin und werde nicht aufgeben. Ich werde zurückkommen», sagte die Witwe.

Nach Drogenkontrolle verstorben

Mike Ben Peter hatte sich 2018 in Lausanne den Polizisten bei einer Drogenkontrolle widersetzt. Um den 39-Jährigen in Schach zu halten, schlugen die Polizisten ihn und setzten Pfefferspray ein, bevor sie ihn überwältigten und auf den Bauch legten.

Der Mann starb am nächsten Tag an einem Herz-Kreislauf-Stillstand, nachdem er vor Ort notversorgt und anschliessend ins Universitätsspital Chuv in Lausanne gebracht worden war.

Vergleich mit George Floyd

Der Fall sorgte über die Westschweiz hinaus für Schlagzeilen. Seit dem Todesfall fanden in den Strassen der waadtländischen Hauptstadt mehrere Demonstrationen statt, bei denen Rassismus und Polizeigewalt angeprangert wurden.

Es wurden Vergleiche gezogen zwischen dem Nigerianer Ben Peter und dem Afroamerikaner George Floyd, der 2020 in Minneapolis, im US-Bundesstaat Minnesota, von einem weissen Polizisten getötet worden war.

Info 3, 22.6.23, 17:00 Uhr;

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