Zum Inhalt springen

Patient seit einem Jahr gesund Zürcher Forschenden gelingt Transplantation geschädigter Leber

  • Eine von Zürcher Forschenden entwickelte Maschine hat die Transplantation einer ursprünglich geschädigten Spenderleber ermöglicht.
  • Zuvor war das Organ wegen seiner Schädigung von allen Transplantationszentren abgewiesen worden.
  • Der Empfänger, ein krebskranker Patient, ist nach einem Jahr immer noch gesund.

Für die erfolgreiche Transplantation behandelte das multidisziplinäre Forschungsteam die geschädigte Leber drei Tage ausserhalb des Körpers in einer Maschine und setzte das erholte Organ danach dem Patienten ein. Die beteiligten Institutionen bezeichnen die Ergebnisse in einer Mitteilung als «etwas bisher Unerreichtes» in der Medizingeschichte und das Universitätsspital spricht auf Twitter von einer «Weltpremiere».

Bereits vor zwei Jahren berichtete das Forschungsteam um Pierre-Alain Clavien, Direktor der Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie am Universitätsspital Zürich, mangelhafte Spenderlebern sieben Tage am Leben erhalten zu können.

Möglich macht dies eine sogenannte Perfusionsmaschine, die den menschlichen Körper imitiert: Eine Pumpe ersetzt das Herz, ein Oxygenator die Lunge, eine Dialyseeinheit die Nieren. Hormon- und Nährstoffinfusionen übernehmen das, was normalerweise Darm und Bauchspeicheldrüse zur Verfügung stellen würden. Und rhythmische Bewegungen imitieren das Auf und Ab des Zwerchfells beim Atmen.

Von schlechter zu guter Leber

Beim beschriebenen Fall handelt es sich nicht um eine Studie, sondern um einen bewilligten individuellen, experimentellen Heilversuch. Die geschädigte Leber einer 29-jährigen Spenderin stand dem Forschungsteam am 19. Mai 2021 zur Transplantation zur Verfügung. Zuvor war die Leber von sämtlichen Zentren abgelehnt worden. Im Perfusionsapparat liess sich die Leber mit Medikamenten behandeln und so zu einem guten Spenderorgan umwandeln. Am 21. Mai 2021 – drei Tage später – konnte die Leber schliesslich dem Krebspatienten eingesetzt werden.

Aufgrund meines rasch fortschreitenden Tumors hatte ich nur geringe Chancen, eine Leber von der Warteliste zu erhalten.
Autor: Empfänger der Spenderleber

Zwölf Tage nach dem Eingriff konnte der Patient das Spital verlassen, heute ist er wohlauf: «Ich bin sehr dankbar für das lebensrettende Organ. Aufgrund meines rasch fortschreitenden Tumors hatte ich geringe Chancen, innert nützlicher Frist eine Leber von der Warteliste zu erhalten», sagte der Patient im Fachmagazin «Nature Biotechnology».

Methode könnte Organknappheit entschärfen

Die derzeitigen Methoden bieten für die Beurteilung, den Transport und das Einsetzen von Spenderlebern nur ein sehr enges Zeitfenster. In der Regel werden sie höchstens zwölf Stunden gekühlt, weil die Lebensfähigkeit des Organs danach abnimmt. Das verschärft die Knappheit von Spenderorganen.

Person trägt Box mit Spenderorgan weg.
Legende: Nach Angaben der Stiftung Swisstransplant standen im vergangenen Jahr 233 Personen in der Schweiz auf der Warteliste für eine Spenderleber. Keystone

«Unsere Therapie zeigt, dass es mit der Behandlung von Lebern in der Perfusionsmaschine möglich ist, den Mangel an funktionsfähigen Spenderorganen zu mildern und Leben zu retten», sagte Direktor Clavien.

Die Forschenden erhoffen sich, dass der erste klinische Erfolg mit der Perfusionsmaschine das Zeitfenster für eine Transplantation auf bis zu zehn Tage erweitern könnte. So müsste die anspruchsvolle Operation nicht mehr so schnell wie möglich erfolgen, sondern zu einem gewählten Zeitpunkt. Dafür seien allerdings noch weitere Untersuchungen mit mehr Patienten und längeren Beobachtungszeiträumen erforderlich.

10v10, 01.06.2022, 21:50 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel