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Gemeindepräsident Blatten VS Matthias Bellwald – der Mann, der Blatten eine Stimme gibt

Der Gemeindepräsident von Blatten im Walliser Lötschental findet in der Krise die richtigen Worte. Ein Porträt über einen Mann, der plötzlich ungewollt selbst im Zentrum der Aufmerksamkeit steht und dem leidenden Dorf eine Stimme gibt.

Wenn Matthias Bellwald spricht und seine Brille aufhat, rutscht diese auf der Nase manchmal etwas zu weit nach vorne. Schulmeisterlich? Nein. Wenn der Gemeindepräsident spricht, dann mit Bedacht. Überlegt. Ruhig. Er sagt dann solche Sätze: «Umarmt einander, stützt einander, helft einander, tröstet einander.»

Der frühere Berufsoffizier, Oberst im Generalstab, kann Menschen mit Worten umarmen. Er gibt dem Leiden des Dorfes Raum, ohne selbst Raum einzunehmen. Er ist kontrolliert, wird nie zu emotional. Man wisse ja – aus welcher beruflichen Ecke er komme. Er sei Soldat, sagt er.

Das nächste Umfeld stärkt ihm den Rücken

Er trifft den Ton – beweist eine Fähigkeit, die man nicht lernen kann: «Ich weiss nicht, ob ich hierfür eine besondere Fähigkeit habe. Aber ich liebe das Tal, ich liebe Blatten.» Und er leide, sei traurig, sei zerstört. Dies sagte Matthias Bellwald zur lokalen Zeitung, noch bevor Berg und Gletscher abbrachen.

Wie würde er sein Befinden wohl jetzt beschreiben, wo das Dorf ausradiert ist, die Menschen alles Materielle verloren haben? Er tut es nicht. Wird nie zu persönlich. Doch wie tröstet er sich? Darüber mag er nicht sprechen – zu intim. «Ihr dürft davon ausgehen, dass ich meine Kraft in meinem nächsten Umfeld habe, bei meinen Kameraden im Gemeinderat und bei der Bevölkerung.» Matthias Bellwald sagt diesen Satz, dabei richten sich seine Augen himmelwärts.

Er suchte nicht die Aufmerksamkeit

Seit Anfang Jahr ist er Gemeindepräsident von Blatten. Stille Wahl. Nach der Pensionierung kehrte der Berufsoffizier zurück in das heimatliche Lötschental. Statt wie vorher im Weiler etwas ausserhalb des Dorfes Blatten, lebt auch er jetzt notgedrungen weiter unten im Tal.

Statt Idylle nun Zerstörung. Und er steht mitten im Strudel der Krise, im Zentrum der Aufmerksamkeit. Er hätte sich das anders gewünscht, sagt Matthias Bellwald. «Nein, das sucht sich niemand aus. Aber es hat keinen Wert, in den Rückspiegel zu schauen. Die Frontscheibe ist grösser als der Rückspiegel, und wir müssen vorwärts schauen.»

Die Stimme des Dorfes

Blatten wolle weiterleben, im Tal bleiben und das Dorf wieder neu aufbauen, so Bellwald. «Es braucht jetzt auch die Phase, in der man das alles setzen lassen muss. Man muss das zuerst verarbeiten können.» Doch das Dorf sei wieder aufgestanden. «Ich glaube, das ist der erste Schritt, dass man vorwärtskommt.»

Da ist sie wieder, seine bildhafte Sprache. Die Worte, die tragen und Zuversicht ausdrücken. Er spreche nie für sich, immer für das Dorf, für das Tal, sagt Matthias Bellwald. Doch vielleicht tut er mit jedem tröstenden Wort an alle anderen auch etwas für sich selbst.

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Glückskette sammelt für Blatten

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Die Glückskette hat eine Sammelaktion gestartet für die Betroffenen im Lötschental. Spenden kann man unter anderem via QR-Code sowie auf der Website der Glückskette.

Echo der Zeit, 01.06.2025, 18:00 Uhr

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