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Schweiz Muss jetzt die Antirassismus-Strafnorm revidiert werden?

Die Verurteilung des türkischen Genozid-Leugners Dogu Perincek wegen Rassendiskriminierung verletzte dessen Meinungsäusserungsfreiheit. Nach diesem Urteil des Strassburger Menschenrechts-Gerichtshofs schliesst der Bund selbst die Notwendigkeit einer Gesetzesrevision nicht aus.

Die Schweiz hat mit der Verurteilung des türkischen Genozid-Leugners Dogu Perincek wegen Rassendiskriminierung dessen Meinungsäusserungsfreiheit verletzt. Seine Äusserungen seien nicht als Aufruf zu Hass oder Intoleranz zu werten, befand der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg.

Das Bundesamt für Justiz habe das Urteil zur Kenntnis genommen, sagte Sprecher Folco Galli gegenüber SRF. «Es bestätigt den hohen Stellenwert, den das Gericht der Meinungsäusserungsfreiheit beimisst.»

Welche rechtlichen Folgen das Urteil haben werde, lasse sich derzeit noch nicht abschätzen, sagte Galli weiter. Das Urteil sei umfangreich und müsse nun eingehend studiert werden. Erst dann werde sich zeigen, ob es mit einer zurückhaltenden Auslegung der Antirassismus-Strafnorm umgesetzt werden könne oder ob es allenfalls zu einer Gesetzesrevision komme.

Die Schweiz hat nun sechs Monate Zeit, dem Ministerkomitee des Europarats Massnahmen zu präsentieren, die geeignet sind, künftige Verletzungen der Menschenrechtskonvention wie im Fall Perincek zu verhindern.

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Aufwind für innenpolitische Kritiker

Innenpolitisch gebe das Strassburger Urteil den Gegnern der Antirassismus-Strafnorm Aufschub, meint SRF-Prozessbeobachter Sascha Buchbinder: «Die Kritik an dem Artikel ist ja nie verstummt, Christoph Blocher bekundete sogar 2006 als Justizminister in der Türkei sein Unbehagen gegenüber der Norm. Ein neuer Anlauf zur Abschaffung des Artikels ist zu erwarten».

Dass die Leugnung von Völkermord grundsätzlich zu erlauben sei, bedeute das Strassburger Urteil jedoch nicht, meint Buchbinder. Das Gericht habe «lediglich entschieden, dass die Äusserungen von Perincek nicht derart verletzend waren, dass sie die Armenier in ihrer Würde herabsetzen und die öffentliche Ordnung in der Schweiz gefährden würden.»

Enttäuschung über das Urteil

Enttäuscht über das Urteil zeigt sich der Basler Historiker und frühere Präsident der Schweizerischen Antirassismus-Kommission, Georg Kreis. «Vor 20 Jahren wäre die Schweizer Formulierung im Gesetz in Strassburg vielleicht geschützt worden», sagt er. Derzeit stehe die Meinungsfreiheit jedoch höher im Kurs als der Schutz der Mitmenschen.

Grosse Enttäuschung über das Urteil äussert auch Andreas Dreisiebner. Er ist Präsident der Gesellschaft Schweiz-Armenien. Seit Jahren kämpft er dafür, dass die Türkei die Massaker an den Armeniern als Völkermord anerkennt. Die Meinungsfreiheit sei über die Menschenwürde der betroffenen gestellt worden, sagt er. «Das hat uns wirklich schockiert.»

SVP will Antirassismus-Strafnorm abschaffen

Ganz anders reagieren die Kritiker der Antirassismus-Strafnorm, etwa die SVP. Dem Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz ist diese schon lange ein Dorn im Auge. Das Urteil zeige, dass es ein Problem sei, Meinungsäusserungen unter Strafe zu stellen. «In einer freien Demokratie ist auch erlaubt, einmal einen Blödsinn zu erzählen», betont er.

Die SVP hat im Parlament deshalb einen Vorstoss eingereicht, der die Abschaffung der Antirassismus-Strafnorm verlangt.

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