Die Gewerkschaft Unia hat auf interne Vorwürfe und öffentliche Kritik reagiert und beschlossen, sich von ihrem Kadermitarbeiter Roman Burger zu trennen. Unia-Präsidentin Vania Alleva teilte vor den Medien in Bern mit, Burger werde nicht länger für die Gewerkschaft arbeiten. Der vor einer Woche zurückgetretene Leiter der Region Zürich-Schaffhausen sei freigestellt.
Unia-Präsidentin «erschüttert»
Diesen Entscheid fällte die Unia-Geschäftsleitung demnach an einer Sondersitzung am Donnerstagabend. Burger wird sexuelle Belästigung mindestens einer Mitarbeiterin vorgeworfen. Er habe «gravierende Fehler» begangen, sagte Alleva. «Ich bin erschüttert, dass bei einer Unia-Führungsperson ein solches Verhalten festgestellt werden musste.»
Sexuelle Belästigung sei nicht tolerierbar, so die Präsidentin. Was den zwei Mitarbeiterinnen der Region Zürich passiert sei, tue ihr «unendlich leid und macht mich sehr betroffen.» Den Angestellten sichere die Unia die notwendige Unterstützung zu. Darüber hinaus wolle die Gewerkschaft «neu aufgekommene Kritikpunkte», welche die Führung beträfen, umfassend durch eine externe Fachstelle untersuchen lassen.
Über SMS-Verkehr gestolpert
Die Medienkonferenz war «aufgrund der zahlreichen Medienanfragen» rund um den Konflikt in der Unia Region Zürich-Schaffhausen einberufen worden. Roman Burger hatte erst vergangene Woche seinen Rücktritt als Leiter dieser Sektion angekündigt. Er ziehe damit die Konsequenzen «aus persönlichen Verhaltensfehlern», teilte die Gewerkschaft damals mit.
Eine Mitarbeiterin hatte den wochenlangen Austausch von SMS-Textnachrichten als sexuelle Belästigung empfunden. Ende April erhob sie Vorwürfe gegen Burger.
Vier Tage später liess Unia-Geschäftsleitungsmitglied Nico Lutz eine externe Untersuchung einleiten. Diese stellte eine sexuelle Belästigung durch die SMS fest. Der Bericht zeigte Massnahmen auf, um eine weitere Zusammenarbeit der beteiligten Personen in der Region zu ermöglichen. Burger wurde ermahnt, und er entschuldigte sich für sein Fehlverhalten. Doch der Druck von aussen stieg.
Neue Führungskultur
Den Vorwurf, die Unia-Geschäftsleitung habe «die Ereignisse vertuschen oder Roman Burger schützen wollen», liess Präsidentin Alleva an der Medienkonferenz nicht gelten. Dass der Bericht zur Untersuchung nicht veröffentlicht worden sei, habe nichts mit Vertuschung zu tun. Der Bericht enthalte viele Details, die persönlichkeitsrechtlich geschützt seien.
Alleva nahm Lutz ausdrücklich in Schutz. «Herr Lutz hat im Auftrag der Geschäftsleitung absolut korrekt gehandelt», hielt sie fest. Alleva zeigte sich aber auch selbstkritisch. «Wir brauchen eine andere Führungskultur», räumte sie ein. Sie wolle «alles daran setzen, dass Probleme künftig früher und besser erkannt werden».
Im Zusammenhang mit dem Rücktritt Burgers hätten ausserdem Mitarbeiterinnen aus der Region Zürich weitere Vorwürfe geäussert. Die Kritik beträfen die Führungs- und Zusammenarbeitskultur, sagte Alleva. Die Gewerkschaft werde diese neuen Vorwürfe durch eine externe Fachstelle untersuchen lassen.
Burger wurde noch nicht gekündigt
Burger wurde noch nicht offiziell gekündigt, wie Alleva auf wiederholte Medienanfragen einräumte. Er sei derzeit erst freigestellt. Das Unia-Reglement sehe für Fälle von sexueller Belästigung keine fristlose Kündigung vor. «Aber wir werden uns von ihm trennen.»
Die Gewerkschaft müsse als nächstes mit ihm besprechen, wie diese Trennung über die Bühne gehen soll. Sie werde Burger zudem bei einer beruflichen Neuorientierung ausserhalb der Unia unterstützen.