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Schweiz Wenn der Handschlag zum Symbol wird

Die Therwiler «Handshake-Vereinbarung» wirft Fragen auf und sorgt für Wellen in den Medien. Doch wie ist es eigentlich mit dem Handschlag? Welche Bedeutung hat er in unserer Kultur? Und: Ist es im Islam anders?

Nüchtern gesehen ist der Handschlag ein «nonverbales Begrüssungsritual». Mit dem Händedruck äussert man seine Bereitschaft zu Frieden und reicht dem Gegenüber auch die «rechte Hand der Freundschaft», wie es bereits im Neuen Testament bei Paulus heisst. Es ist ein Symbol der Eintracht und man zeigt damit seine leere «Waffenhand».

Zwei Personen reichen sich die Hand
Legende: Auch zwischen Politikern ist der Händedruck ein Zeichen des gegenseitigen Respektes. Reuters / Symbolbild

In der Neuzeit ist der Aspekt der Gleichheit hinzugekommen. So war der Händedruck etwa in der DDR wichtiger Bestandteil einer ideologisch aufgeladenen Gleichheit, wie Kulturwissenschaftler Mischa Gallati von der Universität Zürich erklärt. Nach der Wende habe dies in vielen Betrieben zu Irritationen geführt, da die neuen Chefs aus dem Westen den Angestellten nicht täglich die Hand reichten und dies als Ausdruck einer Geringschätzung gewertet wurde – dabei kannten die «Wessis» diesen Code schlichtweg nicht.

Die rechte die Gute – die linke die schlechte

In der Schweiz habe der Handschlag eine relativ grosse Bedeutung, ist Gallati überzeugt. Hier wird er als Zeichen republikanischer Gleichheit gedeutet.

Ähnlich verhält es sich mit dem Handschlag bei einem Vertragsabschluss. Wenn man sich einig ist, dann gibt man sich traditionellerweise die Hand – und zwar die rechte. Man sagt ihr heute noch «die Gute». Wichtig ist, dass der Handschlag vielmehr kulturhistorisch zu Erklären und zu deuten ist als religiös.

Parallelen zur Kopftuch-Problematik

Und wie ist es im Islam und in der muslimischen Kultur? Die Debatte um die Verweigerung des Händedrucks mit einer Lehrerin erinnert an die Kopftuch-Problematik an den Schulen, meint Andreas Tunger-Zanetti vom Zentrum für Religionsforschung an der Universität Luzern. Historisch sei in beiden Fällen eine bereits vorhandene kulturelle Praxis lediglich von der entstehenden Religion kommentiert und überformt worden.

Bereits das Alte Testament und später etwa Paulus im Neuen Testament spreche vom Berühren zwischen Mann und Frau. Doch was heisst berühren – Handschlag oder Geschlechtsverkehr? Ähnlich vage und allgemein nehme der Koran dazu Stellung. Diese Vagheit ist auch der Grund für den hohen Interpretationsraum, welcher auch in der Frage des Handschlags zwischen Mann und Frau diskutiert wird. Konkreter und eindeutiger seien die Berichte über das Verhalten des Propheten Muhammad, doch auch sie erforderten eine Deutung.

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Bei der Frage, wie man mit der aktuellen Problematik umgeht, meint Tunger-Zanetti, dass es in der Schule das Verkehrteste wäre, wenn man nun sture Regeln aufstellen würde, viel eher sei das Gespräch zu suchen. Das Verhalten der beiden muslimischen Schüler könne auf verschiedenen Motiven beruhen.

Im Jugendalter sei man in einer Lebensphase, in dem man sich frage, wie man auf andere, auf Lehrer, Mitschüler und Glaubensgenossen wirke. Da probiere man auch unübliche Formen aus und verwerfe sie womöglich mit der Zeit aus eigenem Antrieb heraus wieder, so Tunger-Zanetti weiter.

Ähnliche Probleme gibt es auch in anderen Bereichen

Die Verweigerung des Handschlags lasse sich mit einer engen Auslegung durchaus begründen. Allerdings gebe es auch viele Muslime, die aus denselben Quellen andere Schlüsse zögen.

Wenn das Verhalten der Jugendlichen als Ausdruck des Respekts gegenüber einer Frau begründet wird, dann müsse man darüber sprechen, wie sich Respekt je nach Kultur verschieden ausdrücke. Es zeige sich rasch, ob die Jugendlichen der Lehrperson den behaupteten Respekt auch in anderen Bereichen erweisen. Die Betroffenen müssten sich zudem die Frage gefallen lassen, ob ihre Haltung sie in der Schweiz weiterbringt. Vielleicht kämen sie dann zu einem anderen Schluss.

Irritationen des Schulalltags gebe es im Übrigen auch in anderen Bereichen und nicht nur unter Muslimen. Nur werde es nicht zum Thema der Medien, meint Tunger-Zanetti abschliessend.

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