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Portrait von Richard Wolff.
Legende: Seit April 2013 ist Richard Wolff (Alternative Liste) als Zürcher Stadtrat Vorsteher des Polizeidepartements. Keystone

Schweiz Zürcher Polizeivorsteher: «Das war menschenverachtend»

Unter dem Motto «Holt euch die Strasse zurück» sind am Freitag Demonstranten durch Zürich gezogen. Der Demo-Aufruf richtete sich auch klar gegen die Polizei. Der Slogan dazu lautete: «Alle Bullen sind Bastarde». Der Zürcher Polizeivorsteher Richard Wolff zeigt sich im Interview mit SRF betroffen.

Am Freitag wurden von Zürich Wiedikon über die Langstrasse bis zur Europaallee Autos und Container angezündet, unzählige Fenster eingeschlagen, Hausfassaden mit Farbe verschmiert und aus Schaufensterauslagen Waren gestohlen.

Im Interview mit dem SRF Regionaljournal Zürich Schaffhausen nimmt der Zürcher Polizeivorsteher Richard Wolff Stellung.

SRF: Eine Demonstration war das nicht, letzten Freitag. Das war eher eine Eskalation der Gewalt. Stimmt der Eindruck, dass die Zürcher Stadtpolizei vom Ganzen überrascht wurde?

Richard Wolff: Das stimmt. Wir wussten im Voraus nichts davon. Es war ganz offensichtlich eine Veranstaltung – wenn man dem so sagen will – die über SMS oder von Mund zu Mund organisiert wurde.

Ähnliche Mobilmachungen gab es schon zuvor in der Stadt Zürich. Die Polizei wusste jeweils davon. Hat die Polizei den Draht zur linksautonomen Szene verloren?

In einem Fall weiss man es, im anderen nicht. Es ist nicht so, dass wir in jedem Fall informiert wären – oder noch viel weniger: informiert würden. In Zeiten von SMS-Flash-Mobs geht es teilweise sehr schnell.

Man kann also nicht davon ausgehen, dass die Stadtpolizei mitbekommt, wenn sich so etwas formiert?

Ganz offensichtlich nicht. Es kann sein, es kann aber auch nicht sein.

Was heisst das nun für die Zukunft? Schaut die Polizei, dass sie wieder einen Draht zu dieser Szene bekommt? Könnten Sie eventuell mit verdeckten Massnahmen zu Informationen kommen?

Für verdeckte Massnahmen haben wir klare rechtliche und gesetzliche Regeln und Rahmenbedingungen. So etwas können wir nur im Ausnahmefall und auf Antrag machen. Über andere Kanäle gebe ich keine Auskunft.

Am Freitag hat sich erneut eine grosse Zerstörungswut gezeigt. Hat hier im Vergleich zu anderen Demonstrationen von «Reclaim the Streets» eine Verschärfung stattgefunden?

Was mich erschreckt und nachhaltig betroffen macht, ist die unglaubliche und rücksichtslose Gewalt gegen Menschen; dass Fackeln in Polizeiautos hineingeworfen wurden, dass man mit Raketen auf Polizeibeamte losgeht – das hat eine Dimension, die wir bis jetzt so noch nicht hatten. Das gibt mir sehr zu denken.

Die rücksichtslose Gewalt gegen Menschen ist in jedem Fall zu verurteilen, zu ahnden und zu verfolgen.

Im Aufruf zur Demonstration hiess es auch «All Cops are Bastards» (ACAB) (Alle Bullen sind Bastarde). Das war ein deutlicher Aufruf, dass sich die Demonstration gegen die Ordnungshüter richtete. Wurde auch hier ein Zacken zugelegt?

Polizistinnen und Polizisten in Zürich machen eine gute Arbeit – dafür ist ihnen zu danken. Es ist nicht immer eine einfache Arbeit. Der Slogan «ACAB» ist meiner Meinung nach menschenverachtend und absolut inakzeptabel.

Sie kommen selber aus der linken Szene, sind von der Alternativen Liste. Sind diese Leute, die solche Dinge machen, Linke?

Die Frage, die sich hier stellt, ist jene nach der Gewalt. Das ist unabhängig von links oder rechts. Gewalt gegen Menschen, Gewalt gegen Gegenstände, ist in jedem Fall zu verurteilen.

Kommt die Botschaften, die solche Leute rüber bringen wollen, an?

Ich denke nicht, dass diese Aktion dazu dient, irgendeine Diskussion weiter zu bringen. Wenn man über Stadtentwicklungsfragen diskutieren will und darüber, was in dieser Stadt gemacht wird und was nicht, dann bieten wir genügend Kanäle. Dort kann man sich auf demokratische und friedliche Weise daran beteiligen. Auseinandersetzungen, Debatten, Diskussionen – schriftlich und mündlich – sind in dieser Stadt möglich. Gewalt, wie wir sie am Freitag gesehen haben, ist nicht ein Teil dieser Diskussion. Gewalt ist inakzeptabel und zu verurteilen.

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Ladenbesitzer haben sich in Medienberichten gefragt, wo die Polizei am Freitag war, wieso es so lange dauerte, bis sie vor Ort war. Muss sich die Polizei etwas vorwerfen lassen?

Ich glaube nicht. Klar muss man anschauen, wie die Abläufe waren. Ich denke aber, gerade am Freitag hat sich gezeigt, dass unser neues Alarmierungssystem funktioniert. Dieses erreicht Polizistinnen und Polizisten direkt Zuhause. So können wir ein aussergewöhnliches Aufgebot bereitstellen. Wir konnten die Ausschreitungen stoppen. Wir konnten Übergriffe auf Menschen und Gegenstande stoppen – nach einer anfänglichen Phase, die tatsächlich sehr spontan war. Wir waren schnell vor Ort.

Es war ein guter und schneller Polizeieinsatz.

Bei früheren Aktionen von «Reclaim the Streets» gab es meistens schnell einmal eine Fortsetzung. Wir bereiten Sie sich auf allfällige weitere Aktionen vor?

Natürlich verfolgen wir immer, was in dieser Stadt läuft. Mehr dazu kann ich Ihnen aber aus taktischen Überlegungen nicht sagen.

Das Interview führte Christoph Brunner.

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