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Unterschiedlicher Umgang: Abwahl als einschneidender Moment
Aus Regionaljournal Basel Baselland vom 22.08.2023. Bild: Keystone/Georgios Kefalas
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Nationalrat Kanton Basel-Stadt «Eine Abwahl ist quasi eine fristlose Entlassung»

Weil Basel einen Sitz verliert, muss ein Bisheriger über die Klinge springen. Wie fühlt sich eine Abwahl an?

In Basel-Stadt müssen amtierende Nationalrätinnen und -räte mehr um ihren Sitz zittern als in anderen Kantonen. Grund ist, dass Basel einen Sitz verliert. Statt fünf hat Basel-Stadt in Zukunft nur noch vier Sitze in der grossen Kammer.

In Basel-Stadt dreht sich vor der Wahl demnach alles um die Frage: Wer verliert seinen Sitz, wer muss über die Klinge springen? Diese Frage klärt sich erst am Wahltag, am 22. Oktober 2023.

Stolz und Eymann im Interview
Legende: Daniel Stolz (rechts) am Tag seiner Abwahl. Der Sitz ging an Christoph Eymann (links). Keystone/Georgios Kefalas

Wie es sich anfühlt, an einem Wahltag als Verlierer oder Verliererin dazustehen und abgewählt zu werden, mussten in Basel-Stadt in jüngerer Vergangenheit schon mehrere Parlamentarier erleben. Aufgrund von Sitzverschiebungen gab es in Basel-Stadt in den letzten Jahren gleich mehrere Fälle. Es traf Politikerinnen und Politiker von links bis rechts.

Das steckt man nicht einfach so weg.
Autor: Daniel Stolz Ehemaliger Nationalrat (FDP, BS)

«Es war schon ein Schock», erinnert sich Daniel Stolz, ehemaliger FDP-Nationalrat, an den Wahltag im Oktober 2015. «Eine Abwahl ist quasi eine fristlose Kündigung und das in der Öffentlichkeit. Das steckt man nicht einfach so weg.»

Ganz überraschend kam die Abwahl nicht. Grund war die Kandidatur des damaligen Erziehungsdirektors Christoph Eymann von der LDP, die es nur noch in Basel gibt und eine Listenverbindung mit der FDP eingegangen war. Stolz verlor seinen Sitz an die Schwesterpartei der FDP.

Lehmann im Interview
Legende: Auch Markus Lehmann (CVP) schaffte die Wiederwahl 2015 nicht. Keystone/Georgios Kefalas

Stolz ist nur ein Beispiel, gleich ging es Markus Lehmann (CVP), Sebastian Frehner (SVP), Christine Keller (SP) oder Anita Lachenmeier (Grüne). Lachenmeier erinnert sich nur ungern an den 23. Oktober 2011. Sie hatte damals gegen Markus Lehmann verloren, obwohl sie eigentlich mehr Stimmen machte als er. «Dass jemand gewählt worden ist von einer kleineren Partei und nur dank Listenverbindungen hat mich sehr geärgert», sagt Lachenmeier rückblickend.

Lachenmeier im Interview
Legende: Anita Lachenmeier (Grüne) am Tag ihrer Abwahl am 23. Oktober 2011. Keystone/Georgios Kefalas

Den Wahlsieger von 2011, Markus Lehmann, ereilte vier Jahre später notabene das gleiche Schicksal. Die Basler CVP verlor ihren Sitz im Nationalrat: Die Niederlage habe er schnell verdaut, erzählt er: «Das hat mich eine halbe Stunde gekostet. Ich fluchte und dann war das Thema für mich erledigt.»

Basel verliert einen Sitz – Zürich profitiert

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Der Kanton Basel-Stadt verliert 2023 einen Sitz im Nationalrat und kommt noch auf vier Mandate. Dafür werden im Kanton Zürich neu 36 statt 35 Sitze zu besetzen sein.

Entscheidend für die Verteilung der Anzahl Sitze auf die Kantone ist die Grösse der ständigen Wohnbevölkerung.

Gemäss Statistik hat die Bevölkerung im Kanton Zürich zwischen 2016 und 2020 von 1'487'969 auf 1'553'423 Personen zugenommen. Im gleichen Zeitraum nahm die Bevölkerung in Basel-Stadt dagegen nur von 193'070 auf 196'735 Personen zu.

Lehmann betont, es sei falsch, von einer Abwahl zu sprechen. Bei Proporzwahlen spielten Parteizugehörigkeit und Listenverbindungen die entscheidende Rolle und nicht die Person. «Ich nahm das nie persönlich. Es ist wie im Sport: Mal gewinnt man als Mannschaft, mal verliert man.» Und so rät Lehmann denn auch allen Bisherigen, die im Herbst antreten, sich schon heute mit dem Szenario Abwahl auseinanderzusetzen und sich zu überlegen, was danach kommen könnte.

Ich fluchte und dann war das Thema für mich erledigt.
Autor: Markus Lehmann ehemaliger Nationalrat (CVP, BS)

Lehmann arbeitet seither als Berater und nützt die Kontakte aus seiner Zeit in der Politik noch heute. Lachenmeier stockte ihr Pensum als Lehrerin auf und kandidierte nochmal für einen Sitz im Kantonsparlament. Lehmann und Stolz dagegen verabschiedeten sich aus der aktiven Politik. «Ich habe noch am Tag der Abwahl alle Unterlagen aus dem Nationalrat geschreddert», gibt Stolz zu.

Rückkehr ins Bundeshaus mit Überwindung

Und obwohl er als ehemaliger Nationalrat noch immer über eine Zutrittsberechtigung zum Bundeshaus verfügt, sei er nur einmal dorthin zurückgekehrt: Bei der Debatte über die «Ehe für alle», für die er als Co-Präsident des Abstimmungskomitees gekämpft hatte. «Es brauchte eine gewisse Überwindung, wieder zurück ins Bundeshaus zu gehen», sagt Stolz.

Dies zeigt: Eine Abwahl ist ein einschneidender Moment, mit dem jeder und jede ganz unterschiedlich umgeht.

Alles zu den Wahlen 2023

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Aktuelle Informationen und Hintergründe zu den Nationalrats- und Ständeratswahlen am 22. Oktober 2023 finden Sie unter Schweizer Wahlen 2023.

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SRF1 Regionaljournal Basel Baselland, 22.08.2023, 12:03 Uhr;

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