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Wahlkampf «Die jüngsten Kantonswahlen sind für die Stimmung entscheidend»

Wer bei kantonalen Wahlen verliert oder gewinnt, ist nicht matchentscheidend für die Wahlen im Herbst. Es prägt aber das Image der Partei. Politologe Andreas Ladner zum Niedergang der CVP, zum Erfolg der SVP und zu den jüngsten Wahlergebnissen im Jahr 2015.

  • «Bei der CVP stellt sich die Frage, ob die Partei noch in die heutige Zeit passt.»
  • «Von einer Trendwende bei der FDP würde ich noch nicht sprechen.»
  • «Wer erfolgreich sein will, muss Positionen und Themen setzen. Das ist der Grund für den Erfolg der SVP
  • «Im Gegensatz zur BDP deckt die GLP im politischen Raum eine Position ab, wo es eine Nachfrage gibt.»
  • «Wenn die SP gewinnt, verlieren die Grünen

SRF News: Andreas Ladner, was fällt Ihnen auf, wenn sie die kantonalen Parlamentswahlen von 2011 bis 2015 analysieren?

Andreas Ladner: Es gibt verschiedene Auffälligkeiten. Die CVP musste deutliche Verluste einfahren. Die SVP ist mehrheitlich im Plus. Die SP zeigt ein durchmischtes Bild und die FDP konnte vor allem in jüngster Zeit zulegen.

Wie ist der massive Verlust der CVP zu werten?

Das ist eine Entwicklung, mit der die Partei schon seit Jahren kämpft. Die CVP ist in gewissen katholischen Kantonen verhältnismässig noch sehr stark vertreten. Dort breitet sich nun die SVP immer mehr aus. Auch in den Zentren hat die CVP neue Konkurrenz bekommen.

Wie könnte die CVP den Turnaround schaffen?

Die Partei hat schon vieles versucht, um wieder erfolgreich zu sein und ist stets gescheitert. Ich bin mir nicht sicher, ob es einen Weg zurück zur alten Stärke gibt. Bei der CVP stellt sich die Frage, ob die Partei noch in die heutige Zeit passt. Sie ist sehr heterogen und hat Mühe sich klar zu positionieren. Ihr geht ihre Stammwählerschaft abhanden und sie gewinnt keine neuen Wählerinnen und Wähler dazu.

Auch die FDP verlor seit Jahren Wählerstimme um Wählerstimme. Seit 2015 gibt es nun plötzlich wieder Gewinne. Ist das eine Trendwende?

Von einer Trendwende würde ich noch nicht sprechen. Es ist ein erstes Anzeichen, dass es wieder besser werden könnte. Aber die FDP ist natürlich längst nicht mehr die dominante Partei, die sie einmal war.

Was sind die Gründe für die jüngsten Erfolge der Partei?

Den Menschen liegt derzeit die Wirtschaft am Herzen. Das hilft der Wirtschaftspartei FDP. Ausserdem konnte sie sich inzwischen von den Banken und Managern mit überhöhten Entschädigungen distanzieren. Dass Konkurrenten wie die BDP und GLP nicht vollständig überzeugen, bringt der FDP sicherlich auch wieder Stimmen zurück. Die Zahlen der FDP waren 2011 trotz Fusion mit den Liberalen derart eingebrochen, dass die Partei jetzt zuerst wieder zurückholt, was sie kurzfristig verloren hatte.

Die SVP hat in den vergangenen vier Jahren fast in allen Kantonen dazugewonnen. Was macht die Partei richtig?

Für den Erfolg einer Partei sind letztlich immer deren Positionen und Werte verantwortlich. Eine Partei besteht nicht nur aus Marketing oder Parteiführerschaft. Wer über längere Zeit erfolgreich sein will, muss Positionen und Themen setzen, welche bei einem Teil der Menschen ankommen. Das ist der Grund für den Erfolg der SVP.

Die von der SVP abgespaltene BDP hingegen scheint den Höhepunkt bereits hinter sich zu haben. Weshalb?

Bei der BDP stellte sich schon bei ihrer Gründung die Frage: Hat die Partei eine eigene Position, einen politischen Ort? Braucht es die BDP, um die spezifischen politischen Befindlichkeiten eines bestimmten Teils der Bevölkerung abzudecken? Hat die Partei eine inhaltliche Existenzberechtigung? Nach wie vor ist es sehr schwierig auszumachen, welches die eigenen Werte der BDP sind. Es bleibt offen, ob die Partei wirklich eine eigenständige Position finden wird.

Ebenfalls neu in der politischen Landschaft der Schweiz sind die Grünliberalen. Sie gehörten in den vergangenen vier Jahren in den Kantonen vielerorts zu den Gewinnern. Warum kam zuletzt der Einbruch?

Im Gegensatz zur BDP deckt die GLP im politischen Raum eine Position ab, wo es eine Nachfrage gibt. Sie ist ökologisch, fortschrittlich und liberal. Für die GLP ist nun erst einmal die Phase der Bewährung angebrochen. Die Partei ist zuletzt schnell gewachsen und muss diese Erfolge nun nachhaltig absichern. Ich vermute, dass die GLP nicht so stark bedroht ist wie die BDP. Die jüngsten Verluste der Grünliberalen sind auf die politische Konjunktur zurückzuführen.

Ist die Stärke der Grünliberalen auch die Schwäche der Grünen?

Ein Teil der grünen Wählerschaft ging sicherlich zur GLP. Das Schicksal der Grünen hängt aber viel enger mit dem der SP zusammen. Wenn die SP gewinnt, verlieren die Grünen. Das linke Lager wird insgesamt nämlich nicht grösser. Typische grüne Themen wie der Atomausstieg sind mittlerweile das Projekt von mehreren Parteien geworden. Die Grünen können mittlerweile kein Thema mehr alleine für sich beanspruchen. Zudem haben gewisse Wählende auch gemerkt, dass die Partei sehr links steht.

Wie schätzen Sie das Abschneiden der SP bei den kantonalen Parlamentswahlen ein?

Die Wahlergebnisse der SP sind durchzogen. Die Entwicklung ist für die Partei dementsprechend enttäuschend. Die SP will sich als die starke linke Kraft in der Schweiz positionieren, schafft aber die 20-Prozent-Grenze nicht. Das ist unbefriedigend.

Inwiefern lassen kantonale Ergebnisse auf die nationalen Wahlen im Herbst schliessen?

Die Ergebnisse zeigen eine Entwicklung. Wobei es sich in den vergangenen vier Jahren in der Regel um kleine Verschiebungen gehandelt hat. Diese könnten im Herbst auch wieder korrigiert werden.

Wie wichtig waren die jüngsten Resultate im Jahr 2015?

Die wichtigste Grösse ist und bleibt der Wähleranteil, der eine Partei am Schluss zu sichern vermag. Wenn eine Partei in Uri oder Glarus verliert, gehen ihr nur ein paar Tausend Stimmen verloren. Anders ist es, wenn eine Partei in grossen Kantonen wie Bern, Zürich oder Waadt Einbussen erleidet. Deshalb könnten die Verluste der BDP im Kanton Bern durchaus ein Indiz dafür sein, dass die Partei auch national verlieren wird. Die jüngsten Resultate im Jahr 2015 hingegen sind für die Stimmung entscheidend. Sie sind im Herbst noch gut in Erinnerung und prägen das Gewinner- oder Verlierer-Image einer Partei. Das hilft, ist aber nicht matchentscheidend.

Das Interview führte Benedikt Widmer.

Andreas Ladner

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Andreas Ladner

Der Politologe ist Professor für schweizerische Verwaltung und institutionelle Politik am Institut für öffentliche Verwaltung der Universität Lausanne (IDHEAP). Er leitet verschiedene Forschungsprojekte zur Parteienforschung und über die Wahlhilfe-Plattform Smartvote.

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