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Fed erhöht Zinsen massiv Jerome Powell geht ein grosses Risiko ein

70 Jahre ist es her, dass jemand erfolgreich tat, was Fed-Chef Jerome Powell schaffen muss. 1951 war es den politischen Entscheidungsträgern in den USA letztmals gelungen, die Inflation von einem vergleichbar hohen Niveau aus zu senken, ohne das Land zugleich in eine Rezession zu stürzen. Darauf wies der Chefökonom der New Yorker Mellon Bank kurz vor dem jüngsten Zinsentscheid hin. Inzwischen ist bestätigt: Die US-Notenbank erhöht ihren Leitzins erneut stark um 0.75 Prozentpunkte. Damit liegt er nun in der Spanne von 2.25 bis 2.5 Prozent.

Über neun Prozent beträgt die Inflation in den USA derzeit. Höhere Zinsen sind die schärfste Medizin dagegen. Doch die Ausgangslage ist delikat: Steigen die Zinsen, werden Kredite teurer. Firmen gehen in der Folge bei kreditfinanzierten Investitionen auf die Bremse, Private bei kreditfinanziertem Konsum. Beides bremst das Wirtschaftswachstum.

Doch nicht genügend Geld aus der Corona-Zeit

Dass die Kauflust sinkt, ist in der grössten Volkswirtschaft der Welt kein Zukunftsszenario mehr, es ist Tatsache. Hohe Preise machen den Menschen längst nicht nur an der Zapfsäule zu schaffen. Der Detailhandels-Riese Walmart musste Anfang Woche eine Gewinnwarnung herausgeben, die zweite binnen zwei Monaten.

Die Kundschaft kauft nur noch das, was sie wirklich braucht, die hohe Inflation macht sie offensichtlich wählerischer. Die lange genährte Hoffnung, wonach Amerikanerinnen und Amerikaner nach der gezwungenermassen sparsamen Corona-Zeit genügend Geld in der Tasche haben, um sich alle Kaufwünsche zu erfüllen, entpuppt sich als Wunschdenken.

Sind die USA bereits in einer Rezession?

Rein technisch sind die USA womöglich gar bereits in einer Rezession. Dies, sofern sich heute Donnerstag herausstellt, dass das Bruttoinlandprodukt des Landes tatsächlich nicht nur im ersten, sondern auch im zweiten Quartal geschrumpft ist.

Die Zinsen massiv erhöhen, ohne die Wirtschaft abzuwürgen? Die Aussichten, dass Powell dies schafft, sind schlecht. Jetzt rächt sich, dass er – wie andere Zentralbanker auch – die Inflation lange Zeit unterschätzt, sie als vorübergehendes Phänomen abgetan hat. Jetzt muss er sie von rekordhohen neun Prozent runterbringen.

Massiver Zinsschritt hat auch eine gute Seite

Etwas anderes aber schafft Powell mit seinem Versuch, die Quadratur des Kreises zu meistern: Er bereitet den Zentralbanken in Europa den Boden für weitere Zinserhöhungen, der Europäischen Zentralbank genauso wie der Schweizerischen Nationalbank. Und diese werden den USA folgen, daran lassen Aussagen hiesiger Notenbank-Chefs kaum Zweifel.

Powells erneut massiver Zinsschritt hat vor diesem Hintergrund eine gute Seite: Jede Massnahme, die in unseren Breitengraden dazu führt, dass die Inflationsraten sinken, ist zu begrüssen. Nur so dürfte auch der Ruf mancher Politikerinnen und Politiker nach Massnahmen verstummen, die marktwirtschaftlich bedenklich (weil wettbewerbsverzerrend) sind: etwa die staatlich propagierte Deckelung von Benzinpreisen.

Andreas Kohli

Wirtschaftsredaktor

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Andreas Kohli arbeitet seit 2009 für SRF. Davor schrieb er für das St. Galler Tagblatt, die Thurgauer Zeitung, die Wirtschaftszeitung Cash und den Tages-Anzeiger.

HeuteMorgen, 28.07.2022, 6 Uhr

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