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Syriens Wirtschaft droht zu kollabieren
Aus Echo der Zeit vom 20.08.2023. Bild: Keystone/AP/Baderkhan Ahmad
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Wirtschaftskrise Syriens Währung zerfällt dramatisch

Nach dem andauernden Bürgerkrieg und dem verheerenden Erdbeben trifft Syrien nun ein rasanter Währungszerfall. Das syrische Pfund hat im letzten halben Jahr die Hälfte des Wertes verloren. Die Regierung hat Löhne und Pensionsgelder von Staatsangestellten verdoppelt, doch das dürfte wenig bringen.

Drastisch Gegensteuer geben muss nur, wer mächtig vom Kurs abgekommen ist. So auch der syrische Präsident Baschar al-Assad. In einer Botschaft ans Volk teilte er diese Woche mit, das Gehalt von syrischen Funktionären und Militärangehörigen zu verdoppeln.

Das klingt verheissungsvoll, ist aber nur ein Tropfen auf den heissen Stein, sagt Joseph Daher, der an der Universität Lausanne unterrichtet und über die syrische Wirtschaft publiziert: «Sogar mit der Lohnerhöhung wird das kaum reichen, die Bedürfnisse zu decken. Denn die Lebenshaltungskosten sind in den Kriegsjahren enorm gestiegen», sagt Daher.

Ein Mann kauft Brennholz in Aleppo
Legende: Ein Mann kauft Brennholz in Aleppo im Dezember 2022: Die syrische Wirtschaft hat den Tiefpunkt seit Beginn des Bürgerkriegs vor über zehn Jahren erreicht. Keystone/AP Photo/Baderkhan Ahmad

Viele Landwirtschaftsprodukte sind teurer geworden, weil wegen des Bürgerkrieges weniger angebaut werden kann. Deshalb muss das Land mehr und zu hohen Preisen importieren.

Menschen werden sich kaum mehr das Sammeltaxi leisten können, um zur Arbeit zu fahren.
Autor: Joseph Daher Universität Lausanne

Dazu kommt, dass die Regierung nach und nach Fördergelder streicht, um das Staatsdefizit zu verringern. So wurden zeitgleich mit den Lohnerhöhungen die Subventionen für Heizöl halbiert und jene für Benzin gar ganz gestrichen. Daher ist überzeugt, «diese Lohnerhöhung wird sich auflösen, weil die Preise ebenfalls so stark steigen».

Unausgewogene Massnahmen

Zudem seien die beiden Massnahmen unausgewogen. Von der Lohnerhöhung profitierten nur Staatsangestellte. All jene aber, die im privaten Sektor arbeiteten oder informell Geld verdienten, profitierten nicht. Sie bekämen aber gleichermassen die Subventionskürzungen zu spüren.

Das habe weitreichende Konsequenzen für die ohnehin schon schwer angeschlagene syrische Wirtschaft: «Menschen werden sich kaum mehr das Sammeltaxi leisten können, um zur Arbeit zu fahren, denn die privaten Taxiunternehmen reichen die Benzinpreiserhöhung direkt an die Fahrgäste weiter.»

Wer nicht zur Arbeit gehen kann, erhält keinen Lohn. Was noch von der Wirtschaft übrig geblieben ist, droht nun ganz zu kollabieren.

Höhere Löhne für Staatsangestellte bedeuten, dass plötzlich mehr Geld im Umlauf ist. Das wird die Produkte verteuern und die Inflation weiter antreiben.
Autor: Karam Shaar Syrischer Ökonom

Das sieht auch der syrische Ökonom Karam Shaar so. Er forscht am New Lines Institut in Washington zur syrischen Wirtschaft und sieht noch weit negativere Folgen wegen der angekündigten Lohnerhöhung. «Der öffentliche Sektor spielt eine wichtige Rolle in der syrischen Wirtschaft. Höhere Löhne für Staatsangestellte bedeuten, dass plötzlich mehr Geld im Umlauf ist. Das wird die Produkte verteuern und die Inflation weiter antreiben.»

Weiterer Währungszerfall wahrscheinlich

Die syrische Währung hat allein im letzten halben Jahr die Hälfte ihres Wertes verloren. Während man Anfang Jahr noch 7000 syrische Pfund für einen Dollar bezahlte, sind es nun über 15'000 Pfund. Und es gebe keine Anzeichen, dass die Währung nicht noch weiter fallen werde, sagt der syrische Wirtschaftsexperte: «Die Regierung druckt weiter Geld, um seine Schulden zu tilgen. Das beschleunigt die Inflation nur noch mehr.»

Die Abwärtsspirale in Syrien droht weiter zu drehen. Auf Hilfe vom Ausland, auch von den eben erst zurückgewonnenen Freunden der Arabischen Liga, darf das Land aufgrund der internationalen Sanktionen gegenüber Syrien wohl nicht hoffen. Einzige Anlaufstelle wäre der Iran, doch dies würde die Abhängigkeit Syriens wirtschaftlich aber auch politisch gegenüber Iran erhöhen.

Echo der Zeit, 20.08.2023, 18:00 Uhr

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