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Nora Zukker
SRF 3
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Thomas Meyer: Angst ist schneller als Liebe

Wenn Thomas Meyer über Liebe, Einsamkeit und Zimmerpflanzen schreibt, dann tut er das in einer Nüchternheit, die berauschend ist: Seine gesammelten Ein-Satz-Einsichten überzeugen mit kluger Schlichtheit und sind irgendwie sexy.

Der Autor des Bestsellers «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse» schrieb 144 Einsichten zu verstorbenen Zimmerpflanzen, eingerannten Köpfen, geschluckter Wut, geschäftstüchtigen Nichtjuden und anspruchslosen Möbeln, zu Gottes fehlendem Widerspruch und dem Schrecken über das eigene Verhalten, zu Liebe, Sex, Humor und dessen Gegenteil.

Beeindruckend am Buch: Derartige (Glaubens-)Sätze laufen rasch Gefahr, moralisierend zu wirken. Aber Meyer hat seine Einsichten nicht mit dem Zeigefinger geschrieben, sondern mit zwei Händen, die einem mal tröstend übers Haar streicheln, mal einen Klapps an den Hinterkopf geben – weniger, um zu bestrafen, als vielmehr, um dem Denken und wahrhaftigeren Sein auf die Sprünge zu helfen.

Komprimierte Weisheit

Während mehrerer Jahre hat Thomas Meyer kurz- und langfristige Beobachtungen zu Einsichten kondensiert. «Wäre die Einsamkeit nicht so lehrreich, könnte man glatt daran verzweifeln» basiert auf diesen, wurde aber komplett neu verfasst und bietet komprimierte Weisheit.

Diese Art von Büchern ist nicht neu. Max Frisch schrieb «Fragebogen»mit diversen Fragen, die man sich oder anderen stellen kann und nachher vielleicht etwas mehr erfährt oder erst recht nicht mehr genau weiss, wer man ist und wenn ja, wieviele.

Auch das Kult-Fragebuch «Findet mich das Glück» vom Künstlerduo Fischli/Weiss steht hoch im Kurs, wenn es um poetisch-verschrobene Fragen geht, die man sich und er Welt stellen soll.

Aber Thomas Meyer tanzt aus der Reihe. Er stellt keine Fragen. Er stellt fest. Und das ist auch gut so, weil seine 144 Einsichten ganz ohne moralisierendes Echo auskommen.

Leseproben

Auch ein langes Leben ist rasch vorbei.

Wer nicht hören will, muss gehen.

Bisweilen ist Sex nur gemeinschaftliche Selbstbefriedigung.

Unserer Toleranz fehlt der Orientierungssinn.

Paare streiten nur über die Angst, nicht geliebt zu werden.

Hoffnung ist das Fundament so mancher Misere.

In der Trennung liegt die Heilung.

Das feinste Glück ist das der anderen.

Auf jeden Sexisten kommt eine Sexistin.

Liebe ist kein Gefühl, sondern eine Haltung.

Schlechte Laune ist nichts, bei dem andere mitmachen müssen.

Thomas Meyer
Wäre die Einsamkeit nicht so lehrreich, könnte man glatt daran verzweifeln
Salis Verlag, 144 Seiten
ISBN: 978-3-906195-34-6

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