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Die mit den Buchstaben tanzt. Maja Peter
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Die mit den Buchstaben tanzt

Die Autorin Maja Peter hat die Buchstaben fest im Griff, wenn sie mit ihnen durch die Seiten tanzt. Egal, ob sie im Walzer- oder Lindyswingtakt schreibt.

Es ist die Selbstverständlichkeit, die diesen Text so gut macht. Maja Peter tastet nicht, sondern führt mit sicherer Schreibe durch das Buch und wagt sich an ein Thema, das in den letzen Jahren in den Medien überstrapaziert wurde: Liebe im Alter.

Kitsch und Klischee umschifft sie dank ihrer Hauptfigur Alice, einer klugen und sensiblen Seniorin, die mit sich und der Welt im Reinen ist und zwar insofern, als dass sie fähig ist, ihre Probleme anzugehen. Mag sein, dass sie durch ihren Beruf - das Tanzen - gelernt hat, wie sie sich im Gleichgewicht halten kann.

Alice hat nach ihrer Tanzkarriere eine Tanzschule geleitet, das Geschäft nun aber verkauft, sich pensioniert. Die neue, freie Zeit ist schon lange gefüllt: Mit Zeichnen, Radiohören, den Gedanken an Alexander, einen älteren Mann. Ob mit ihm ein Miteinander möglich wäre?

Dann lernt Alice die Gymnasiastin Fleur kennen und die beiden Frauen helfen sich, ohne aber alle ihre Geheimnisse zu teilen. Der Austausch zwischen Generationen wird möglich, aber es bleiben verschiedene Generationen. Maja Peter überspannt den Bogen nicht, schreibt feinsinnig, sorgfältig und schafft, was nicht immer gelingt: Aus dem Alltäglichen Literatur zu machen. Sie gibt dem Feinen, das uns im Kleinen umtreibt, eine Bedeutung.

Leseprobe, Seite 26:
Alice setzt sich mit Zeichenstift und Papier in die Küche. Am Radio spielen die Berliner Philharmoniker eine Sonate von Chopin. Was soll sie zeichnen? Der Sprung in der Suppenschüssel fällt ihr ins Auge. Sie sollte die Schüssel nicht mehr verwenden. Nicht dass das letzte Erinnerungsstück an die Grossmutter zerbricht. Sie zeichnet eine Frau mit Schürze, zu deren Füssen Scherben liegen. An der Türe klingelt es. Hat ein Nachbar den Schlüssel vergessen? Beim zweiten Mal fällt ihr ein, dass sie zu Kaffee eingeladen hat.
«Bist du krank?», fragt Elsa zur Begrüssung und deutet mit dem Kopf auf Alice Trainerhose. «Nein, ich bin am Zeichnen. Kommt rein, ich ziehe mich schnell um.» Vom Schlafzimmer aus hört sie Susanne sagen: «Alice wird schrullig. Sie zeichnet zerbrochenes Geschirr.» Alice knöpft die Bluse und gesellt sich zu den Frauen. «Ich bin eigenwillig, schrullig sind Alte. Kaffee wie immer?» Sie nicken.


Maja Peter: Nochmal tanzen
Limmat Verlag, 174 Seiten
ISBN: 978-3-85791-695-3

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