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Backenzahn eines Denisova-Menschen. Er unterscheidet sich deutlich von dem eines Neandertalers oder eines modernen Menschen.
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie
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Die verschlungenen Wege der Frühmenschen

Die Wiege der Menschheit liegt in Afrika. Vor mehr als 100 000 Jahren entstanden dort die ersten «modernen» Menschen. Doch dann machten sich unsere Vorfahren auf Wanderschaft. Auf welchen Wegen genau sie Afrika verliessen und sich über die Kontinente verbreiteten, das ist noch immer umstritten.

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Der Mensch ist ein Eroberer: Keine andere Spezies hat sich so weit auf der Erde verbreitet wie wir. Doch wie alles begann, auf welchen Wegen unsere Vorfahren Afrika verliessen und sich über die Kontinente verbreiteten, das ist unklar und umstritten. Diese Woche sind nun gleich zwei Studien erschienen, die Licht ins Dunkel unserer bewegten Frühgeschichte werfen.

Vor kurzem gruben Archäologen Knochen am australischen Mungo See aus. Sie gehören zu den ältesten Überresten eines Menschen, die ausserhalb Afrikas gefunden wurden - und sie stürzen die Wissenschaft in einige Verlegenheit: Denn zumindest nach einer vorherrschenden Theorie dürfte es diese Knochen gar nicht geben, sagt der Genetiker Morten Rasmussen von der Universität Kopenhagen. In den letzten Jahren habe die Ansicht Oberwasser gewonnen, dass Homo sapiens in einer einzigen Wanderbewegung Afrika verlassen und dann nach Asien und Australien vorgestossen sei. «Wir können nun sagen, dass es nicht eine, sondern zwei frühe Wanderungsbewegungen nach Asien und Australien gegeben hat. Denn die Aboriginies spalteten sich bereits vor etwa 70 000 Jahren von den ersten afrikanischen Auswanderen ab. Die Vorfahren der modernen Asiaten hingegen erst vor etwa 25 000 bis 40 000 Jahren», so Rasmussen.

Zwei Wanderungen von Afrika nach Asien
Zusammengefasst heisst das: Vor über 100 000 Jahren spalteten sich in Afrika die Urahnen der Europäer, Asiaten und Aborigines von den Afrikanern ab. Diese Eurasier-Aboriginie-Vorläufer wanderten vermutlich in den Nahen Osten. Dort trennten sich vor etwa 70 000 Jahren die Vorfahren der Aboriginies ab und begannen ihren Treck über Asien bis nach Australien. 30 bis 40 000 Jahre später teilten sich schliesslich die zurückgebliebenen Eurasier auf: eine Gruppe besiedelte Europa, die andere brach zu einer zweiten Wanderungswelle nach Asien auf - von dieser Gruppe stammen die meisten heutigen Bewohner des asiatischen Raums ab.

Die Forschergruppe um Mark Stoneking vom Leipziger Max-Planck-Institut hat ebenfalls genetische Studien gemacht, um die Wanderungen der frühen Menschen aufzudröseln und ist zum gleichen Ergebnis gekommen wie die dänischen Kollegen, allerdings mit einem faszinierend anderen Ansatz. Um den zu verstehen, muss eine bisher kaum bekannte Frühmenschenart eingeführt werden: der Denisova-Mensch.

Die menschliche Frühgeschichte auf den Kopf gestellt
Die Denisovaner waren eine eigene Art von Frühmenschen, enger verwandt mit den Neanderthalern als mit Homo sapiens. Man kennt sie bloss von einem einzigen Fingerknochen und einem Zahn aus der Denisova-Höhle im südlichen Sibirien. Aus diesem Knöchelchen haben Forscher das Denisova-Erbgut gewonnen und entschlüsselt - und sie haben nun bei weiteren Untersuchungen überrascht festgestellt, dass einige heutige Volksstämme in Asien und die Aborigines in Australien Überbleibsel von Denisovaner-Erbgut in sich tragen.

Als die Urahnen der Aboriginies vor 70 000 Jahren durch Asien streiften, zogen sie also nicht durch menschenleeres Gebiet, sondern sie müssen auf diese andere Menschenart - die Denisovaner - getroffen sein und sich mit ihnen gepaart haben. Genau so, wie sich die im nahöstlichen Raum zurück gebliebenen Eurasier mit den Neanderthalern gepaart haben. Diese Fakten sind alle in den letzten zwei, drei Jahren ans Licht gekommen, und sie haben die menschliche Frühgeschichte auf den Kopf gestellt.

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Die verschlungenen Wege der Frühmenschen

Laufzeit 7 Minuten 21 Sekunden. , Thomas Häusler

Der Mensch ist ein Eroberer: Keine andere Spezies hat sich so weit auf der Erde verbreitet wie wir. Doch wie alles begann, auf welchen Wegen unsere Vorfahren Afrika verliessen und sich über die Kontinente verbreiteten, das ist unklar und umstritten. Diese Woche sind nun gleich zwei Studien erschienen, die Licht ins Dunkel unserer bewegten Frühgeschichte werfen.

Vor kurzem gruben Archäologen Knochen am australischen Mungo See aus. Sie gehören zu den ältesten Überresten eines Menschen, die ausserhalb Afrikas gefunden wurden - und sie stürzen die Wissenschaft in einige Verlegenheit: Denn zumindest nach einer vorherrschenden Theorie dürfte es diese Knochen gar nicht geben, sagt der Genetiker Morten Rasmussen von der Universität Kopenhagen. In den letzten Jahren habe die Ansicht Oberwasser gewonnen, dass Homo sapiens in einer einzigen Wanderbewegung Afrika verlassen und dann nach Asien und Australien vorgestossen sei. «Wir können nun sagen, dass es nicht eine, sondern zwei frühe Wanderungsbewegungen nach Asien und Australien gegeben hat. Denn die Aboriginies spalteten sich bereits vor etwa 70 000 Jahren von den ersten afrikanischen Auswanderen ab. Die Vorfahren der modernen Asiaten hingegen erst vor etwa 25 000 bis 40 000 Jahren», so Rasmussen.

Zwei Wanderungen von Afrika nach Asien
Zusammengefasst heisst das: Vor über 100 000 Jahren spalteten sich in Afrika die Urahnen der Europäer, Asiaten und Aborigines von den Afrikanern ab. Diese Eurasier-Aboriginie-Vorläufer wanderten vermutlich in den Nahen Osten. Dort trennten sich vor etwa 70 000 Jahren die Vorfahren der Aboriginies ab und begannen ihren Treck über Asien bis nach Australien. 30 bis 40 000 Jahre später teilten sich schliesslich die zurückgebliebenen Eurasier auf: eine Gruppe besiedelte Europa, die andere brach zu einer zweiten Wanderungswelle nach Asien auf - von dieser Gruppe stammen die meisten heutigen Bewohner des asiatischen Raums ab.

Die Forschergruppe um Mark Stoneking vom Leipziger Max-Planck-Institut hat ebenfalls genetische Studien gemacht, um die Wanderungen der frühen Menschen aufzudröseln und ist zum gleichen Ergebnis gekommen wie die dänischen Kollegen, allerdings mit einem faszinierend anderen Ansatz. Um den zu verstehen, muss eine bisher kaum bekannte Frühmenschenart eingeführt werden: der Denisova-Mensch.

Die menschliche Frühgeschichte auf den Kopf gestellt
Die Denisovaner waren eine eigene Art von Frühmenschen, enger verwandt mit den Neanderthalern als mit Homo sapiens. Man kennt sie bloss von einem einzigen Fingerknochen und einem Zahn aus der Denisova-Höhle im südlichen Sibirien. Aus diesem Knöchelchen haben Forscher das Denisova-Erbgut gewonnen und entschlüsselt - und sie haben nun bei weiteren Untersuchungen überrascht festgestellt, dass einige heutige Volksstämme in Asien und die Aborigines in Australien Überbleibsel von Denisovaner-Erbgut in sich tragen.

Als die Urahnen der Aboriginies vor 70 000 Jahren durch Asien streiften, zogen sie also nicht durch menschenleeres Gebiet, sondern sie müssen auf diese andere Menschenart - die Denisovaner - getroffen sein und sich mit ihnen gepaart haben. Genau so, wie sich die im nahöstlichen Raum zurück gebliebenen Eurasier mit den Neanderthalern gepaart haben. Diese Fakten sind alle in den letzten zwei, drei Jahren ans Licht gekommen, und sie haben die menschliche Frühgeschichte auf den Kopf gestellt.

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