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Radio Moderator:innen über ihren Traumberuf
Aus Radio SRF 1 vom 27.04.2023.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 15 Sekunden.
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1. Mai Was ist ein «Traumberuf» und wie findet man ihn?

Tag der Arbeit. Welchen Stellenwert hat denn diese Arbeit in unserer Gesellschaft? «Du gehst irgendwo hin und nach gefühlt 3 Sekunden wird nach deinem Beruf gefragt», so Berufs- und Laufbahnberater Stefan Gerig vom Institut für angewandte Psychologie der ZHAW im Gespräch mit Moderator Adrian Küpfer.

Solche Beobachtungen in unserer Gesellschaft machen deutlich klar: Frau und Herr Schweizer identifizieren sich mit ihrem Job. Natürlich trifft das nicht auf alle zu, das versteht sich von selbst. Aber gibt es denn ein Rezept für berufliche Erfüllung oder ist der Beruf eben auch einfach nur ein Beruf, mit dem man den Lebensunterhalt verdient?

SRF: Wie haben sich «Traumberufe» in den letzten Jahrzehnten verändert?

Stefan Gerig: Es gibt Berufe, die bestehen einfach fort – daran, ist nichts zu rütteln. Klassische «Traumberufe» wie Tierärztin beispielsweise. Ich nutze hier bewusst die weibliche Form, weil viele junge Frauen diesen Wunsch nach wie vor hegen. Solche Berufe halten einen gewissen Status. Dann gibt es aktuell natürlich viele neue Berufe. Das hat meiner Meinung nach viel mit Social Media zu tun.

Inwiefern?

Gerade der Beruf des Influencers und der Influencerin – das sieht alles sehr natürlich und angenehm aus, so als wäre es kein Krampf. Und zudem gewinnt man an Reichweite, Bekanntheit. Ich glaube, das Bedürfnis nach Ruhm ist heute ausgeprägter als früher bei den Jugendlichen.

Stefan Gerig

Stefan Gerig

Berufs- und Laufbahnberater

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Berater & Dozent sowie Leiter Career Services ZHAW vom Institut für angewandte Psychologie der ZHAW.

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Welche Berufe stehen dann gar nicht mehr auf der Wunschliste?

Der Pilot / die Pilotin beispielsweise. Oder auch Lehrberufe – diese haben eine Art von Statusverlust erlebt und sind deshalb nicht mehr so attraktiv bei jungen Generationen.

Gibt es ein Rezept dafür, wie der «Traumberuf» gefunden werden kann?

Im «Traumberuf» steckt ja dieser «Traum», deshalb wäre es vielleicht besser, von einem «Wunschberuf» zu sprechen, den man sucht. Von einem «Traumberuf» fantasiert man in der Kindheit oder Jugend. Ein «Wunschberuf» liegt dann vermutlich näher an der eigenen Realität. Dieser setzt sich natürlich auch aus Interessen, Vorbildern zusammen. Dann muss man sich fragen, ob es mit diesen Vorbildern persönlich Überschneidungen gibt. Was fasziniert mich an dieser Person oder an dieser Figur? Bringe ich diese Eigenschaften selbst mit und wenn ja, wie komme ich dort hin?

Das sind jetzt schon sehr konkrete Vorstellungen. Wie gehen Sie vor, wenn die oder der Wünschende leider nicht die Qualifikation mitbringt, die es verlangt?

Ich sage natürlich nicht schonungslos, dass es so nicht klappen kann. Ich plädiere aber für einen Realitäts-Check. Damit versuche ich die Leute zu sensibilisieren, sodass sie selbst merken, dass es schwierig werden könnte mit ihrem «Wunschberuf». Ausser natürlich, jemand ist wirklich meilenweit davon entfernt. Wenn man beispielsweise sehr schwach in mathematischen Fächern ist, aber trotzdem davon träumt, Astronautin oder Astronaut zu werden. Das ist dann schwierig.

Ein «Traumberuf» ist erst mal eine Idee und gibt vielleicht eine Richtung vor. Dann muss man hinterfragen, was diese Vorstellung mit mir als Person zu tun hat.
Autor: Stefan Gerig Berufs- und Laufbahnberater

Gibt es den perfekten Zeitpunkt für einen Berufswechsel?

Das ist sehr individuell und von Branche zu Branche unterschiedlich. Man könnte aber sagen, dass es mit 45-50 Jahren, auch je nach Bereich, schwierig wird, den Beruf zu wechseln und Fuss zu fassen. Zudem ist es branchenspezifisch, ob man überhaupt wechseln kann. Manchmal stehen Türen offen – andere bleiben geschlossen. Generell könnte man sagen: je früher, desto besser.

Wird in der Schweiz berufliche Erfüllung angestrebt?

Berufliche Erfüllung ist sehr wichtig bei uns in der Gesellschaft. Deshalb wird hier auch nach einem Beruf gesucht, der einen erfüllt und hinter dem man stehen kann. Bereits in der Berufswahl wird diese Sinnhaftigkeit angestrebt. Ein Beruf ist dann erfüllend, wenn er mit meinen Werten, meinen Zielen und Visionen einhergeht. Ebenfalls wichtig ist, dass man sich zugehörig fühlt.

Wie erleben Sie junge Leute heute in der Berufswahl gegenüber früher?

Ich empfinde die Jungen genauso ehrgeizig, wenn es um die berufliche Erfüllung geht. Die nachrückenden Generationen sind immer vom Zeitgeschehen geprägt. Sie sehen natürlich ältere Generationen und erleben, wie ihnen teilweise das Wasser bis zum Hals steht, Burnout gefährdet sind, Herzinfarkte haben und sich einem Leistungsprinzip unterordnen. Da erkennen sie vermutlich einfach: Das kann es nicht sein. Zudem kommt die Digitalisierung – es wird nicht für immer alle Berufe so geben, wie sie jetzt existieren. Arbeit ist nicht alles, Freundschaften sind wichtig und das, was man neben der Arbeit macht.

Sie lernen also aus den Fehlern, die wir machen.

Ich hoffe es. Das wäre schon schön – wir lernen ja auch aus den Fehlern der Generationen vor uns, die uns ja auch gewissermassen in eine andere Richtung drängten.

Audio
Traumberuf - vom Streben nach beruflicher Erfüllung
aus Treffpunkt vom 01.05.2023. Bild: Colourbox
abspielen. Laufzeit 57 Minuten 45 Sekunden.

01.05.23, 10:03 Uhr, SRF 1, Treffpunkt

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