Im 19. Jahrhundert nahm in der Schweiz das Leben an Fahrt auf – wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich. Dass Genf eine andere Uhrzeit hatte als Basel oder St. Gallen, erschwerte das Zusammenleben. So prangten Ende des 19. Jahrhunderts am Genfer Tour de l'Île drei Uhren: Sie zeigten die Zeiten in Bern, Genf und Paris. Deshalb wurde neben den verschiedenen Ortszeiten eine landesweit gültige Uhrzeit nötig. Im jungen Bundesstaat war dies zunächst die «Berner Zeit». Sie galt vor allem für Post, Telegraph und die Eisenbahn.
«Schweizerische Zeit» gegen Mitteleuropäische Zeit
Als der Bundesrat gegen Ende 1893 sogar einen Schritt weiter ging und den Kantonen die Mitteleuropäische Zeit empfahl, stiess das nicht überall auf Freude. Man hing an der «schweizerischen» Zeit. Man wollte «natürlicher» bleiben, präziser sein.
12 Uhr – Sonnenhöchststand – das stimmte im Mittel in der Bundesstadt Bern und war in St Gallen nur knapp 8 Minuten früher und in Genf gut 5 Minuten später.
Berner Zeit ade
Am 31. Mai 1894 verlor die «Berner Zeit» ihre Funktion als offizielle Schweizer Zeit. Ab 1. Juni 1894 gilt Mitteleuropäische Zeit (MEZ). Seither haben die Uhren in der Schweiz rund eine halbe Stunde Vorsprung auf den Sonnenstand.
Das erklärt sich so: Ist es 12 Uhr mittags MEZ, hat die Sonne nur in Görlitz (Sachsen) und in Orten auf gleicher geografischer Länge den höchsten Punkt auf ihrer Tagesbahn erreicht. Die MEZ gilt aber in einem grossen Gebiet, das sich von Polen im Osten bis nach Spanien im Westen erstreckt. Die Folge: Im 430 Kilometer weiter östlich liegenden Warschau erreichte die Sonne schon 24 Minuten früher den höchsten Punkt. 2000 Kilometer westlich von Görlitz, in Santiago de Compostela hingegen steht die Sonne erst 1 Stunde und 34 Minuten später an ihrem höchsten Punkt.
Zurück in die Schweiz: Zeigen die Zeiger in Zürich auf 12 Uhr mittags, wird die Sonne erst 26 Minuten später an ihrem höchsten Punkt stehen – bei Normalzeit (Winterzeit).