1969 verteilte der Bund das kleine rote Buch «Zivilverteidigung» an alle Schweizer Haushalte. Es war die Zeit des Kalten Krieges. Das Buch zeigte auf 320 Seiten unter anderem, wie sich die Schweiz gegen einen Atomkrieg wappnen, beziehungsweise ihn überleben konnte.
Die «Unterwanderung» der Schweiz
Zudem warnte es auf mannigfaltige Art und Weise vor einem inneren Feind, der das Land unterwanderte und den es zu bekämpfen und in Schach zu halten galt. Das ZVB machte dafür aus dem Ausland gesteuerte Parteien und Untergrundorganisationen verantwortlich.
Ostblock gegen westliche Länder
Es war die Zeit der Polarisierung, der Blockbildung: Hier die USA mit den westlichen Verbündeten, dort die Sowjetunion mit den Ostblockländern.
Der Kalte Krieg war in der Schweiz besonders kalt. Es galt, den inneren Feind, das hiess konkret, alle Kommunisten und Kritiker am Staat, zu bekämpfen und mundtot zu machen. Die Schweizer Identität hatte sich nach dem Zweiten Weltkrieg aus einer totalen Abwehrhaltung heraus entwickelt. Sie befand sich während Jahrzehnte in permanenter Defensive. Es ging soweit, dass wer des Kommunismus verdächtigt wurde, Ausgrenzung erfuhr und mit einer Entlassung rechnen musste. «Geh doch nach Moskau» war ein gängiges Schimpfen gegen Kritiker des Staates.
Das Zivilverteidigungsbuch polarisierte
Das Buch stiess auch auf Kritik. Bundesrat Hans Schaffner votierte für eine sachlichere Darstellung. Und das defensiv ausgerichte Zivilverteidigungsbuch passte auch nicht recht in die Grundstimmung des politisch-kulturellen Aufbruchs in den sechziger Jahren.
Der Schweizerische Schriftstellerverein etwa protestierte gegen die «Diffamierung der Intellektuellen».
In der Zeit des Kalten Krieges vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Fall der Berliner Mauer 1989 etablierte sich ein Überwachungsstaat, der sich in verschiedenen Archiven manifestierte und sich schliesslich zum Fichenskandal ausweitete.
Die Schweiz, das Land der Bunker
Im Ausland bekannt ist die Schweiz nicht nur für ihre Schokolade und ihren löchrigen Käse, sondern auch für ihre unzähligen Bunker und unterirdischen Schutzanlagen. Sie zeugen bis heute vom Denken, dass in den unterirdischen Schutzanlagen und privaten Schutzräumen aus Stahlbeton ein Atomkrieg zu überleben sei.
Der Sonnenbergtunnel auf der A2 Richtung Süden in Luzern beispielsweise war – zusammen mit einer unterirdischen siebenstöckigen Anlage – als gigantische Schutzanlage für 20'000 Menschen konzipiert worden. Bei der Grossübung «Ameise» im Jahre 1987 zeigten sich allerdings zahlreiche Mängel. Die Übung geriet zum Flop. Die Anlage ist heute massiv redimensioniert und noch für 2000 Leute vorgesehen.
Die Spuren des Kalten Krieges
Von dieser Zeit geblieben sind diese ausgedienten, zum Teil riesigen Bunkeranlagen. Aus dieser Zeit stammt auch der Zivilschutz, der heute allerdings rundum erneuert ist.
Geblieben ist auch die Idee und das Konzept des persönlichen Schutzplatzes und des individuellen Notvorrats. Der Slogan «Kluger Rat – Notvorrat!» aus der Zeit des Kalten Krieges ist veraltet. Auch ist ein Notvorrat heute nicht mehr für den Kriegsfall gedacht. Aber der Bund empfiehlt den persönlichen Notvorrat weiterhin, jetzt aber für das Überbrücken eines temporären Stockens der Waren- und Energieflüsse im globalisierten Markt.
Kritik am Staat ist heute problemlos möglich. Kritiker werden heute nicht mehr nach Moskau verwünscht. Eine grundsätzliche Polarisierung in der politischen Diskussion hat allerdings wieder Einzug gehalten.