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50 Jahre Zivilverteidigung Zivilverteidigungsbuch, die Bibel des Kalten Krieges

Im Kalten Krieg bestimmte die Angst vor einem Atomkrieg zwischen dem Westen und dem sogenannten Ostblock die Schweiz.

1969 verteilte der Bund das kleine rote Buch «Zivilverteidigung» an alle Schweizer Haushalte. Es war die Zeit des Kalten Krieges. Das Buch zeigte auf 320 Seiten unter anderem, wie sich die Schweiz gegen einen Atomkrieg wappnen, beziehungsweise ihn überleben konnte.

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Legende: «Das Buch will uns orientieren» Bundespräsident Ludwig von Moos hatte den Begleitbrief zu dem vom Bundesrat herausgegebenen ZVB unterzeichnet. Keystone

Die «Unterwanderung» der Schweiz

Zudem warnte es auf mannigfaltige Art und Weise vor einem inneren Feind, der das Land unterwanderte und den es zu bekämpfen und in Schach zu halten galt. Das ZVB machte dafür aus dem Ausland gesteuerte Parteien und Untergrundorganisationen verantwortlich.

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Legende: Das ZVB redete eine Unterwanderung der Schweiz herbei «Das Zivilverteidigungsbuch legte einem nahe: 'Der Feind ist bereits unter uns, wir müssen ihn nur noch identifizieren.' Ich würde meinen, dass hinter dieser Aussage eine heimtückische Haltung steht und zwar gegenüber all jenen, die irgendwie noch selbständig denken.» (Jakob, Tanner, Historiker. Archiv SRF 2008) Keystone

Ostblock gegen westliche Länder

Es war die Zeit der Polarisierung, der Blockbildung: Hier die USA mit den westlichen Verbündeten, dort die Sowjetunion mit den Ostblockländern.

Porträt des Historiker Hans Ulrich Jost
Legende: Der Kalte Krieg war durch die beiden Blöcke Ost und West bestimmt «Mit der Atombewaffnung der Grossmächte glaubte man an ein Gleichgewicht des Schreckens.» (Hans Ulrich Jost, Historiker. Archiv SRF 2000) Keystone

Der Kalte Krieg war in der Schweiz besonders kalt. Es galt, den inneren Feind, das hiess konkret, alle Kommunisten und Kritiker am Staat, zu bekämpfen und mundtot zu machen. Die Schweizer Identität hatte sich nach dem Zweiten Weltkrieg aus einer totalen Abwehrhaltung heraus entwickelt. Sie befand sich während Jahrzehnte in permanenter Defensive. Es ging soweit, dass wer des Kommunismus verdächtigt wurde, Ausgrenzung erfuhr und mit einer Entlassung rechnen musste. «Geh doch nach Moskau» war ein gängiges Schimpfen gegen Kritiker des Staates.

Das Zivilverteidigungsbuch polarisierte

Das Buch stiess auch auf Kritik. Bundesrat Hans Schaffner votierte für eine sachlichere Darstellung. Und das defensiv ausgerichte Zivilverteidigungsbuch passte auch nicht recht in die Grundstimmung des politisch-kulturellen Aufbruchs in den sechziger Jahren.

Ein Feuer auf dem Bundesplatz während einer Kundgebung
Legende: Das Buch spaltete die Gesellschaft eher, als sie zu einen Junge Leute verbrennen im November 1969 auf dem Bundesplatz in Bern das Zivilverteidigungsbuch. Keystone

Der Schweizerische Schriftstellerverein etwa protestierte gegen die «Diffamierung der Intellektuellen».

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Legende: Peter Bichsel gehörte zu den empörten Schriftstellern «Das Zivilverteidigungsbuch war ein eindeutiger Versuch der Volksverhetzung.» (Peter Bichsel, Schriftsteller. Achiv SRF 2008) Keystone

In der Zeit des Kalten Krieges vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Fall der Berliner Mauer 1989 etablierte sich ein Überwachungsstaat, der sich in verschiedenen Archiven manifestierte und sich schliesslich zum Fichenskandal ausweitete.

Die Schweiz, das Land der Bunker

Im Ausland bekannt ist die Schweiz nicht nur für ihre Schokolade und ihren löchrigen Käse, sondern auch für ihre unzähligen Bunker und unterirdischen Schutzanlagen. Sie zeugen bis heute vom Denken, dass in den unterirdischen Schutzanlagen und privaten Schutzräumen aus Stahlbeton ein Atomkrieg zu überleben sei.

Der Sonnenbergtunnel auf der A2 Richtung Süden in Luzern beispielsweise war – zusammen mit einer unterirdischen siebenstöckigen Anlage – als gigantische Schutzanlage für 20'000 Menschen konzipiert worden. Bei der Grossübung «Ameise» im Jahre 1987 zeigten sich allerdings zahlreiche Mängel. Die Übung geriet zum Flop. Die Anlage ist heute massiv redimensioniert und noch für 2000 Leute vorgesehen.

Blick in die eine Tunnelröhre des Sonnenbergtunnels während der Zivilschutzübung «Ameise»
Legende: Die Schweiz ist Weltmeister im Bunkerbau In den Tunnelröhren des Sonnenbergtunnels war Platz für 20'000 Menschen vorgesehen. Keystone

Die Spuren des Kalten Krieges

Von dieser Zeit geblieben sind diese ausgedienten, zum Teil riesigen Bunkeranlagen. Aus dieser Zeit stammt auch der Zivilschutz, der heute allerdings rundum erneuert ist.

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Legende: Die Idee des Zivilschutzes ist ein Kind des Kalten Krieges «Der Zivilschutz ist heute ganz konsequent auf Katastrophen und Notlagen ausgerichtet» (Christoph Flury, Chef Geschäftsbereich Zivilschutz und Vizedirektor des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz) Keystone

Geblieben ist auch die Idee und das Konzept des persönlichen Schutzplatzes und des individuellen Notvorrats. Der Slogan «Kluger Rat – Notvorrat!» aus der Zeit des Kalten Krieges ist veraltet. Auch ist ein Notvorrat heute nicht mehr für den Kriegsfall gedacht. Aber der Bund empfiehlt den persönlichen Notvorrat weiterhin, jetzt aber für das Überbrücken eines temporären Stockens der Waren- und Energieflüsse im globalisierten Markt.

Reto Schätti von der Firma SicherSatt AG vor Notvorratsbüchsen in seinem Lager in Wald (ZH)
Legende: Das Prinzip des persönlichen Notvorrats gilt bis heute «Notvorrat kauft unter anderem, wem die Zeit fehlt, um selber Lebensmittel haltbar zu machen.» (Reto Schätti, SicherSatt AG) SRF / Jürg Oehninger

Kritik am Staat ist heute problemlos möglich. Kritiker werden heute nicht mehr nach Moskau verwünscht. Eine grundsätzliche Polarisierung in der politischen Diskussion hat allerdings wieder Einzug gehalten.

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