Alleinerziehende Mütter und Väter kämpfen oftmals mit finanziellen Schwierigkeiten, einsamen Entscheiden, wenig Zeit für sich selbst und Vorurteilen der Gesellschaft. Zum Weltelterntag spricht SRF mit dem Alleinerziehenden Vater Christoph Adrian Schneider.
SRF: Sie nennen sich selbst lieber alternierend alleinerziehend? Warum?
Christoph Adrian Schneider: Ich finde den Begriff sehr passend. Die Mutter meiner Kinder und ich wechseln uns ab. Die Kinder sind eine Woche bei mir und eine Woche bei ihr. Also alternierend.
Und alleinerziehend deshalb, weil ich mich so fühle. Wenn die Kinder bei mir sind, bin ich die alleinige Bezugsperson und treffe alle Entscheidungen im Alltag. So handhaben wir es seit Beginn der Trennung.
Als Sie und Ihre Frau sich trennten. War dieses Modell sofort klar oder mussten Sie um den Entscheid ringen?
Für uns kam nur dieses Modell in Frage.
Wir haben uns dies schon während der Schwangerschaft versprochen, dass wir dies im Falle einer Trennung so handhaben wollen.
Wir wollten nicht um die Kinder kämpfen.
Als alleinerziehender Vater sind Sie in der Minderheit. In 86 Prozent der Fälle leben die Kinder bei der Mutter. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Es beginnt schon bei der Geburt. In der Tendenz ist es in der Schweiz immer noch so, dass der Vater der Erwerbsarbeit nachgeht. Die Mutter bleibt nach dem Mutterschaftsurlaub eher zu Hause und ist damit die erste Bezugsperson.
Deshalb bleiben bei einer Trennung die Kinder auch sehr viel häufiger bei ihr. Da verändert sich nur zaghaft etwas.
Wie sehen Sie da die Rolle der Väter?
Für viele wird die Frage, wer kümmert sich um die Kinder, erst bei einer Trennung, einer Scheidung aktuell. Es gibt Väter, die können sich nicht vorstellen, weniger zu arbeiten. Es gibt Väter, die haben von Anfang an wenig Bezug zu den Kindern.
Und es gibt Väter, die es sich nicht vorstellen können, die Rolle des Alleinerziehenden auszufüllen.
Aber auch das Geld spielt eine Rolle. Ich sehe die Rolle der Väter am aktivsten, wenn sich das Paar von Anfang an gleichberechtigt aufteilt.
Das bedingt ein gutes Einvernehmen und das ist nicht überall gegeben. Es gibt Väter, die kämpfen auf dem Rechtsweg um die Kinder und erhalten das Sorgerecht nicht. Ist es schwieriger für Väter dieses zu erhalten?
Das gemeinsame Sorgerecht ist noch nicht in allen Köpfen angekommen.
Ich habe das selbst erlebt. Ich musste mich gegenüber dem Gericht erklären, warum ich nur reduziert arbeite.
Für mich war das wie ein Weckruf. Seither mache ich mich stark für alleinerziehende Väter. Und zwar im Einklang mit der Mutter. Das ist mir wichtig.
Wir Väter können kochen, haushalten und bei den Hausaufgaben helfen. Wir machen es nicht besser oder schlechter, sondern vielleicht einfach etwas anders.
Wo liegt die grösste Herausforderung?
In der Organisation des Alltags. Man hat nach der Trennung Stimmungsschwankungen und ist trotzdem für schlichtweg alles zuständig.
Die Schule, zum Arzt gehen, den Job im Griff haben, mit der Kindesmutter in Kontakt bleiben. Die Herausforderung ist, für sich selbst auch noch ein wenig Zeit zu haben.
Man verzichtet auf viele persönliche Bedürfnisse. Ich habe die Kinder früh mit einbezogen, ihnen erklärt, dass ich ihre Hilfe brauche. Beim Staubsaugen, bei der Wäsche oder beim Kochen. Heute ist das völlig eingespielt.
Was macht Ihnen heute am meisten zu schaffen?
Die Wehmut. Die Wehmut, es als Paar im klassischen Familienmodell nicht geschafft zu haben. Heute habe ich diese Trauer sehr viel seltener.
Aber früher, als ich auf dem Spielplatz die klassischen Familien sah, machte mich das wirklich traurig.
Wie geht die Gesellschaft aus Ihrer Sicht mit Alleinerziehenden um? Sind Sie akzeptiert oder stigmatisiert?
Es kommt auf das soziale Umfeld an. Ich glaube, wer traditionelle Rollenbilder lebt, ist eher irritiert. Es ist auch nicht böse gemeint, es kann einfach eine gewisse Distanz vorhanden sein. Aber es normalisiert sich mehr und mehr. Es tut sich was.