Der Filmheld James Bond – Prototyp des erfolgreichen Mannes – ist und bleibt ein Held. Er jagt Bösewichte und erobert Frauen, hat jede Technik stets im Griff, ist topfit und agil. Bei Männern im realen Leben ist dies anders: Vielleicht sind sie auch einen Moment lang der perfekte Bond. Aber auch wenn, sie bleiben es aber auf keinen Fall. Spätestens ab 50 ist klar: Fix bleiben vor allem die Klischees und Rollenbilder, die der Mann aufs Auge gedrückt bekommt oder mit denen er sich selber identifiziert.
Klischees und Bilder von Männern – und erst recht von Männern um 50 – sind zahlreich:
- Sie sind Testosterongetriebene, fühlen sich ständig im Wettbewerb und fühlen sich nur gut, wenn sie ans Limit gehen.
- Sie leiden unter Alterspubertät, das heisst, sie tun so als ob ihr Körper immer noch der eines 20-Jährigen ist und überfordern sich.
- Sie klammern sich an die Macht, die sie aufgebaut haben.
- Sie definieren sich zu einem grossen Teil über ihren Beruf.
- Sie haben keine Freundschaften, sondern bloss Seilschaften und Netzwerke.
- Männer haben zwar Gefühle, können aber nicht darüber reden.
Um 50 ist der Mann im Umbruch
Männer um 50 haben in den vergangenen 30 Jahren erlebt, wie sich die Frauen emanzipierten. Damit veränderte sich auch das klassische Männerbild. Männer sind nicht mehr alleinige Ernährer oder Beschützer. Sie sollen Frauen verstehen und ihnen auf Augenhöhe begegnen. Sie haben Teilzeithausmänner zu sein sowie initiative Väter.
Neue Herausforderungen für den Mann 50+
Für den Mann um 50 ist das Leben nicht gelaufen, aber es ändert sich: Nun steht vielleicht eine Darmspiegelung an. Das Harnlösen kann Probleme verursachen oder der Weisswein muss im Kühlschrank bleiben, weil er den Magen übersäuert. Zudem ist es die Zeit, in der sich viele Paare scheiden lassen. Und auf dem Arbeitsmarkt gilt man unterdessen als eher schwierig vermittelbar.
Durch zunehmende Lebenserfahrung realisiert der Mann seine Defizite und muss damit klar kommen; indem er sie versucht auszubügeln oder sie anzunehmen. «Es gibt Männer, die merken, dass sie viele Seilschaften und Zweckgemeinschaften, aber nur wenig – und oft etwas vernachlässigte – echte Freundschaften haben», sagt Marco Caimi, Arzt mit eigener Männerpraxis in Basel.
Zu ihm kommen Männer, die unter ihresgleichen reden möchten und Hilfe suchen; in seiner Praxis, die mehr wie eine Mischung aus Wohnzimmer und Bar wirkt als wie eine Arztpraxis. «Realisieren sie, dass sie eigentlich vor allem Freunde und weniger Netzwerkbekannte für ihr Wohlbefinden brauchen, haben sie so die Möglichkeit, alte Freundschaften zu reaktivieren oder sogar neue Freunde zu gewinnen, sagt Marco Caimi.
Mit 50 Jahren geht es allerdings nicht einfach den Berg hinunter. Diese Zeit der Veränderungen und des Umbruchs bringen neue Perspektiven. Es ist Zeit für eine Standortbestimmung und für den Versuch, sich von alten Rollenbildern zu emanzipieren. Es ist kein Zufall, dass Männer gerade in diesem Alter für sich den Aufenthalt in einem Schweigekloster oder das Pilgern auf dem Jakobsweg entdecken.
In früheren Jahren war man kompromiss- und opferbereit. Auch hat man viele Wünsche verdrängt. Jetzt kommt die Zeit, wo man sich nicht mehr verleugnen muss und kann das eine oder andere nachholen.
Die Zeit um 50 ist ein herausfordernder Lebensabschnitt für die Männer. Und die ganze Wahrheit ist: Sie ist es übrigens für alle – auch für die Frauen.